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Kuba / Mexiko

Gelandet auf dem Flughafen in Mexiko nahmen wir unser Gepäck entgegen und wir Männer irrten auf der Suche nach dem uns abzu-holenden Fahrer in dem riesigen Flughafengebäude umher, während die Frauen vor einem Geschäft warteten.

Der Chauffeur, der angeblich schon die ganze Zeit an dem Tor stand, wo wir den Transitraum verlassen hatten, fuhr uns mehr als eine viertel Stunde in einem schönen großen Van vom Flughafen durch die Stadt, die in erster Linie hauptsächlich aus roten Rückleuchten der unzähligen Fahrzeuge auf den Straßen bestand, in das „Sheraton Centro Historico“, welches sich im historischen Zentrum der Metropole, wie der Name schon sagt, befindet. Dieses 27-stöckige Hotel ist ein Fünf-Sterne-Hotel und wurde erst im Jahre 2001 erbaut. Es ist eines der beein-druckendsten und luxuriösesten Hotels, in denen ich bisher je gewohnt habe.

Ein Zimmer von den 457 zur Verfügung stehenden Räumen kostet pro Nacht bei Buchung vor Ort übrigens mehr als 135 US-Dollar und ist mit edelstem Interieur ausgestattet. So gab es drei Telefone, wovon eines auf dem WC, eines neben dem Bett und eines auf dem Schreibtisch stand, einen großen Fernseher mit Internet- und Spielekonsolenan-schluss und zwei riesengroße Betten, in denen man sogar quer hätte liegen könnte. Es war einfach toll.

Nach einer erfrischenden Dusche, trafen wir uns in der großzügigen und luftig hohen Empfangshalle, um zum Abendbrot zu gehen. Kurz vorher bemerkte Betti, dass ihre Reiseapotheke und ihre Heiß-luftdusche zum Trocknen der Haare nicht mehr im Inneren ihrer Gepäckstücke zu finden war.

Es musste sich, während wir uns in Havanna vergnügten, jemand an unseren Taschen zu schaffen gemacht haben. Nur so ließ sich jetzt auch im Nachhinein erklären, warum der Rasierapparat eingeschaltet ge-wesen war. Aber zum Glück waren dies die einzigen Verluste, so dass es gerade noch zu verschmerzen war.

Als wir aus dem Hotel kamen, standen wir an einer großen, viel befahrenen Straße, wo sich auf der anderen Straßenseite der „Alameda-Park“, befindet.

Wir aber suchten erst einmal das entlang der Straße zu findende „Sanborns“, in welches wir gleich einkehrten. Sanborns unterhält im ganzen Land 130 Restaurants dieser Kette, in denen man auch fast alles, angefangen von Arzneimitteln über Filmen bis hin zu Büchern, Ge-tränken und Zigarren, kaufen kann.

Wir bestellten uns an dem uns zugewiesenen Tisch gute Mengen von Spaghetti und Getränken.

Der männliche Teil unserer kleinen Reisegruppe probierte sich durch drei verschiedene mexikanische Biersorten.

Corona “, dem schon aus der Heimat bekannten kräftig und gut schmeckenden Bier, „Sol“ mit einem, wie wir fanden, recht dünnen und faden Geschmack und „Dos Equis“, dessen eigentlicher Name zur Gründerzeit "Siglo XX", bezugnehmend auf das damals kommende Millennium, lautete, einem wiederum angenehm schmeckenden Bier.

Der Verköstigung und dem anschließenden Rückweg zum Hotel folgte eine erste, angenehme Nacht in der Stadt, die sich zu Recht als eine der größten Städte der Welt mit rund 24 Millionen Einwohnern bezeichnen kann und sich in einer Höhe von rund 2250 Meter über dem Meeres-spiegel inmitten des Tals von Mexiko, das diesen Namen trägt, er-streckt.

Mexiko Stadt verfügt über eine Fläche von fast 8.000 Quadrat-kilometern und wird in allen vier Himmelsrichtungen von beein-druckenden Gebirgsmauern umschlossen, so dass aufgrund dieser Lage und den 5 Millionen ständig durch die Straßen fahrenden Fahrzeugen die Smoggefahr sehr hoch ist.

Allerdings empfand ich es während des gesamten Aufenthaltes in Mexiko-Stadt persönlich nicht so schlimm wie ich es mir vorgestellt hatte. Da hatten wir an so mancher Kreuzung in Havanna bedeutend mehr nichtgeruchs-neutralen Sauerstoff eingeatmet.
 

Tag Acht: Teotihuacán - Mexiko Stadt​



Nach einer Nacht in einem riesigen Bett und einer erfrischenden Morgendusche mit einem nach Marzipan duftenden Duschgel begaben wir uns in den Speisesaal des Hotels.

Dort wurde uns, nachdem unsere Zimmernummern von der Empfangs-dame registriert worden waren, ein Tisch zugewiesen und wir konnten uns nach Herzenslust am mit reichlich Köstlichkeiten ausgestatteten Buffet bedienen. Die hiesige Obstabteilung hatte so einiges mehr zu bieten als die Kubanische. So gab es neben zahlreichen Melonen aller möglichen Farben und Sorten auch Erdbeeren, Mangos, Feigen, Birnen, Ananas und vieles vieles mehr.

Nach diesem traumhaften Frühstück wurden wir von einem ein-heimischen Fahrer mit einem großen Van abgeholt. In seinem Fahrzeug saß ein Pärchen mittleren Alters und es dauerte nicht lange bis wir fest-stellten, dass die beiden unserer Sprache mächtig waren und wir uns mit ihnen ohne Sprachbarriere unterhalten konnten. Der Fahrer jedoch sprach Englisch. Doch als er mitbekam, dass Arnulf perfekt Spanisch spricht, ließ er sich von ihm einfach alles übersetzen.

Die Fahrt führte uns durch den dichten Stadtverkehr. Froh darüber, nicht selber gefahren zu sein, schauten wir uns die riesige Stadt aus dem fahrenden Auto an.

Als wir uns gerade in einer Straße befanden, auf der rechts und links lauter Schmuckhändler ihre Geschäfte hatten, fragte uns der Fahrer, ob wir mal solch ein Geschäft betreten und eventuell einem Handwerker über die Schulter schauen wollen. Wir lehnten nicht ab und ein netter Silberschmied lotste uns gleich an seine Werkbank im Inneren des Ladens und gravierte händisch eine Figur auf ein Metallplättchen. Er war sehr geschickt und flink bei der Sache, so dass er recht schnell diese Arbeit fertig stellte, die er Betti anschließend schenkte. Dieser Laden, in dem übrigens einmal Leonardo DiCaprio zugegen war, war natürlich etwas für unsere anwesenden Elstern, die sich sofort an den hauptsächlich silbernen Schmuckstücken ergötzten und sich zum Kauf einiger Exemplare hingezogen fühlten.

Wir bekamen Getränke gereicht und Arnulf handelte mit der Ver-käuferin einen angemessen erscheinenden Gesamtpreis für alle für uns in Frage kommenden Stücke aus. Nach der Bezahlung versammelten wir uns wieder im klimatisierten Fahrzeug und die Fahrt in einen nördlichen Vorort der Stadt wurde nach dieser kleinen Einkehr fort-gesetzt.

Auf dem großen Platz, den wir anschließend besuchten, befindet sich die alte und neue Basilika der heiligen Jungfrau von „Guadalupe Hidalgo“.

1531 erschien einem aztekischen Bauern, der sich sechs Jahre zuvor zum Christentum bekehrte, auf einem Hügel die Jungfrau Maria. Sie hatte die dunkle Hautfarbe der Indianer und bat den Bauern, dafür zu sorgen, dass an der Stelle des von den Spaniern zerstörten Heiligtums der indianischen Fruchtbarkeitsgöttin eine Kapelle errichtet würde.

Als der Bischof nach Beweisen für die Erscheinung verlangte, ließ die Jungfrau auf dem kahlen Hügel Rosen erblühen, die der Bauer in seinen Umhang wickelte. Als er sie vor dem Bischof ausbreitete, hatten die Rosen das Bild der Frau auf den Stoff gemalt. Noch 1531 wurde an dieser Stelle eine Kapelle mit einem Gnadenbild aufgestellt. 1695 begann der Bau einer Basilika am Fuß des Berges.

Der Bau einer neuen Basilika wurde allerdings nötig, weil der schlammige und weiche Untergrund das alte Gotteshaus stark absenkte und somit eine Gefahr für die Besucher darstellte. Heute wird das alte und schiefe Gebäude mit starken Trägern gestützt und kann auch wieder von innen besichtigt werden.

Die neue Basilika wurde zum größten Pilgerziel Lateinamerikas und der Umhang wird nach Erdbebenschäden der alten Kirche heute in der neuen Basilika aufbewahrt. Die neue Kirche, die als eine der Größten der Welt gilt, wurde 1977 eröffnet und 1979 offiziell von Papst Johannes Paul II. eingeweiht. Sie bietet Platz für 20.000 Menschen und Lauf-bänder führen an dem durch Panzerglas geschützten heiligen Umhang vorbei, dessen Originalbild mit dem Tuch aus 100-prozentiger unbe-handelter Agavenfaser aus dem 16. Jahrhundert, das aufgrund der Legende angefertigt wurde, nur ohne Blitzlicht fotografiert werden darf.

Auf dem Platz sahen wir einen Mann, der sich auf seinen Knien rutschend zu der Basilika hinbewegte. Wir bewegten uns wie immer auf zwei Beinen und begaben uns als kleine Reisegruppe wieder auf den Weg zu den Pyramiden nach „Teotihuacán“.

Jedoch brachte uns der Fahrer erst zu einem Verkaufsstand am Rande der Pyramiden, vor dessen Türen ein für Touristen typisch zurechtge-machter Mexikaner mit Sombrero und Poncho stand und uns sogleich einen Vortrag über Agaven und deren vielseitige Anwendungsmöglich-keiten hielt.

Die „blaue Agave“ (Agave tequilana) selbst demonstriert sich als Pflanze mit lanzettförmigen Blättern, welche rosettenartig angeordnet und zum Teil dornig gezahnt sind. Sie wird zirka 6 bis 14 Jahre alt und zwischen 1,20 Meter und 1,80 Meter groß und wird etwa ab dem 8. Jahr geerntet, wobei eine längere Standzeit einen höheren Zuckergehalt ergibt.

Während der Blütezeit entwickelt die Pflanze einen kleinen Stamm, der bis zu 4,50 Meter hoch werden kann und blass gelbe Blüten an seinem Ende trägt. Nach der Blüte geht sie ein. Mit routiniertem Charme holte der einheimische Vorführer eine große hohle Kürbisfrucht hervor, welche an beiden Seiten jeweils ein Loch hatte und tunkte diese in den zuvor mit einem Rundmesser ausgehöhlten Mittelpunkt der Pflanze. Anschließend hob er sie, das obere Loch mit dem Finger zuhaltend, wieder heraus und ließ den Saft der Agave herausfließen.

"Dies ist der honigsüße Saft der Agave, - Pulque - gut für Chacka-Chacka", sagte er uns mit einem breiten Grinsen in gebrochenem, aber gutem Deutsch. Mit großer Geste packte er schließlich sein Rundmesser erneut aus und ritzte ein Herzblatt der Agave rundherum ein, trennte eine Schicht ab, die eine pergamentähnliche Konsistenz hatte, und schenkte diese, nachdem er seine Telefonnummer darauf geschrieben hat, Betti.

Nun holte der Mexikaner noch Fasern mit natürlich integrierter Nadel aus der Pflanze, indem er an einem Stachel heftig zog und gab uns diese "zum Stopfen der Socken". Weiterhin werden aus der Pflanze Seife, Fasern und andere Dinge gewonnen. Schlussendlich konnten wir jeder einen kleinen Becher Pulque und einen Tequila, der, nachdem alle Blätter abgeschlagen sind, aus dem Herz der Agave, das einer Ananas ähnlich sieht, gewonnen wird, verkosten.
 
Pulque, die milchig trübe Flüssigkeit, schmeckte zwar nicht schlecht, aber wird wahrscheinlich nie zu meinen Lieblingsgetränken zählen, da ich unter anderem keine Agavenplantage besitze, die täglich gemolken werden kann.

Der Mexikaner zeigte uns noch die Bearbeitung von „Obsidian“, einem schwarzen, im Sonnenlicht golden schimmernden, natürlich vor-kommenden, vulkanischen Gesteinsglas, welches bei rascher Ab-kühlung von Lava entsteht, und wies uns auf die hiesige gute Qualität bei der Bearbeitung hin, welche woanders nicht zu finden sei.

Anschließend, wie sollte es auch anders sein, konnten wir unser Geld wieder im dazugehörigen Kunsthandel und Andenkenladen ausgeben, was wir uns jedoch verkniffen und lieber die Zeit nutzten, endlich zu den Pyramiden zu kommen.

Am Eingang zur Pyramidenanlage legte ich mir einen Hut zu, der mich vor den unerbittlichen Sonnenstrahlen schützen sollte.

Unweit von der Mondpyramide erklärte unser Fahrer etwas über die Kultur der ehemaligen Bewohner und führte uns durch die Ruinen-stätte des Ortes.

Teotihuacán gehört zu den ältesten Kulturen und Stätten Mexikos. Die Stadt im Hochtal Zentralmexikos wurde zirka 150 vor Christus ge-gründet und wurde in den folgenden Jahrhunderten zu einem der ein-flussreichsten und mächtigsten Zentren Mesoamerikas.

Teotihuacán betrieb Handel mit Völkern naher und weit entlegener Gebiete. Bis in die nördlichen Mayagebiete sind Einflüsse Teotihuacáns sichtbar.

Andererseits lassen Funde von Jade und Muscheln auf den regen Aus-tausch mit Gebieten an der Golfküste und im Süden schließen.

Zur Blütezeit, zirka 400 bis 650 nach Christus, lebten um die 200.000 Menschen in Teotihuacán. Ihren Untergang fand die Stadt nach einer krisenreichen Zeit um 700 bis 750 nach Christus, als viele Gebäude niedergebrannt und zerstört wurden. Noch für weitere 200 bis 300 Jahre blieb die Stadt besiedelt, zum Teil auch durch andere Völker aus dem Norden, bevor sie nach dem Jahre 1000 endgültig verlassen wurde.

Welches Volk die Stadt anlegte und hier lebte, konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden, da Aufzeichnungen und Inschriften fehlen. Die ursprünglichen Namen und Bedeutungen der Stadt und ihrer Bau-werke sind auch nicht überliefert. Die heutigen Namen stammen von den Azteken.

So heißt Teotihuacán auf „Náhuatl“, einer indianischen Sprache, die auf die Sprache der Tolteken und Azteken zurückgeht, "der Ort, wo man zu Gott wird".

Lehnwörter aus dem Náhuatl sind übrigens auch heute noch in der deutschen Sprache zu finden. So zum Beispiel „ahuacatl“ (Avocado), „chili“ (Chili), „cóyotl (Kojote), „ozelotl“ (Ozelot), „xocoatl“ (Schoko-lade) und „tomatl“ (Tomate).

Die Azteken besuchten später die Ruinen Teotihuacáns, da sie den Ort als heilig ansahen. Nach ihrer Überlieferung trafen sich dort die Götter, um die 5. Sonne zu erschaffen.

Nachdem wir durch die Ruinenanlage gelaufen waren, schauten wir einem Mann zu, der wie damals mit natürlich gewonnenen Farben malte.

So zum Beispiel gewann er gelben Farbstoff aus der „Kurkumawurzel“ und roten Farbstoff von „Cochenille-Läusen“, die sich auf der Ober-fläche eines Kakteenblattes befanden.

Heute wird der karminrote Farbstoff unter anderem immer noch zur Herstellung von Lippenstiften und zum Färben von Lebensmitteln wie Limonaden, Aperitifs (Campari) und Bonbons verwendet.

Nun standen wir also am nördlichen Ende der "Gran Avenida de los Muertos", der Straße der Toten, die sich ungefähr 2.000 Meter exakt in Nord-Süd-Richtung erstreckt, und überlegten uns, ob wir die Mond-pyramide besteigen.

Die Mondpyramide ist 46 Meter hoch, hat eine Grundfläche von 150 mal 140 Metern und war vermutlich der Göttin der irdischen Gewässer gewidmet. Bei Grabungsarbeiten unterhalb der Mondpyramide wurden zahlreiche Sitzgräber gefunden, in denen Gefangene bestattet waren, die vermutlich zu Ehren der Götter geopfert wurden. In den Gräbern waren zahlreiche Opfergaben in Form von Obsidian, grünem Porphyr, Muscheln und Tote in sitzender Position, deren Hände hinter dem Rücken gebunden waren, gefunden worden.

Will man den Azteken Glauben schenken, so wurde das Bauwerk einst von einer gigantischen Statue gekrönt, die über 20 Tonnen wog, von der jedoch nichts mehr zu sehen ist.

Wir aber entschieden uns, dann lieber doch die noch größere Sonnen-pyramide zu erklimmen und liefen ein Stück auf der 40 Meter breiten Straße bis wir vor der Sonnenpyramide standen.

Die Sonnenpyramide ist das eindrucksvollste Bauwerk in Teotihuacán, von dem vermutet wird, dass es dem Regengott, von den Azteken „Tláloc“ genannt, gewidmet war. Sie ist die zweitgrößte Pyramide Mexikos und die drittgrößte Pyramide der Erde. Sie hat eine Grund-fläche von 222 mal 225 Metern und ist 63 Meter hoch. Einstmals thronte auf der ebenen Spitze ein kleiner Tempel, mit dem die Sonnen-pyramide vermutlich rund 84 Meter Höhe erreichte.

Sie ist so ausgerichtet, dass die Sonne am 20. Juni gegenüber der Front-seite der Pyramide untergeht.

Wie kleine Ameisen sahen die Touristen auf dem Weg nach oben aus. Natürlich sind auch wir die zirka 240 Treppenstufen hochgestiegen.

Der Panoramablick war überwältigend. Erst jetzt wurden die Ausmaße von Teotihuacán deutlich. Und wieder stellten wir uns die Frage, wie man vor weit über 1.000 Jahren in der Lage gewesen war, ohne Maschinen solche Städte und Gebäudekomplexe zu errichten.

Andächtig genossen wir noch ein wenig die Aussicht zur Mond-pyramide, vor der der Mondplatz mit acht kleineren Pyramiden im Kreis angeordnet liegt.

Obwohl die Sonnenpyramide 17 Meter höher als die Mondpyramide ist, gelang es den Erbauern, optisch das Bild zu vermitteln, dass beide Pyramiden gleich hoch seien. Diese optische Täuschung gelang mittels Gefälle und Treppen. Zwischen beiden Pyramiden hat die Straße der Toten ein Gefälle von 30 Metern. Um dieses Gefälle zu überbrücken, erheben sich alle 50 Meter insgesamt sieben Stufen und eine Plattform aus dem Grund. Für den Betrachter sieht es dadurch so aus, als wären beide Pyramiden gleich groß.

Der Abstieg von der Pyramide gestaltete sich schwieriger als ange-nommen und strapazierte die Kniegelenke enorm, so dass ich im Anschluss daran geringe Beschwerlichkeiten hatte, die Tage später noch zu spüren waren.

Wir gingen zurück zu unserem Fahrer, der bereits auf uns wartete. Auf dem Weg dorthin kamen wir noch an diversen Verkaufsständen vorbei und an einem kaufte sich Rudolf ebenfalls eine Kopfbedeckung.

Auf der rund 50 Kilometer langen Rückfahrt ins Hotel unterhielten wir uns sehr angeregt mit den beiden Mitfahrenden, die uns sehr sympathisch erschienen. Dies beruhte anscheinend auf Gegenseitigkeit, da sie uns fragten, ob wir mit ihnen in der „Zona Rosa“, dem schicken Einkaufs- und Flanierviertel, Abendbrot essen gehen wollen. Warum nicht, dachten wir und ließen uns alle vom Fahrer dort absetzen.

Wir fanden schnell eine Lokalität und entschieden uns gleich, dort einzukehren. Allerdings wurde im Eingangsbereich sehr laute Musik gespielt, so dass wir es uns etwas im hinteren Teil des Raumes bequem machten und unsere Speisen und Getränke bestellten.

Jeder der Herren, der die Örtlichkeit dieses Lokals besuchte, machte eine interessante Entdeckung. Und zwar befanden sich Eiswürfel mit Zitronenstückchen in der Rinne des zu erledigenden kleinen Geschäfts. Ob dies der Geruchsbekämpfung oder nur dem optischen Effekt galt, ist von uns nicht eindeutig geklärt worden.

Jedenfalls bestellten wir uns vorsichtshalber wie immer unsere Ge-tränke ohne Eis. Während des Aufenthaltes in dem Lokal unterhielten wir uns kaum, da kurz nach unserer Ankunft Live-Musik gespielt wurde, die sehr laut war und somit eine Unterhaltung leider fast unmöglich machte. Nach dem Essen verabschiedeten wir uns von der Frau und dem Mann. Wie es sich herausstellte, als er mir seine Visitenkarte überreichte, war jener bis vor kurzem noch, da er kürzlich pensioniert wurde, der Vize-Präsident von BASF in Deutschland.

Nun machten wir uns zu Fuß auf den Weg in unser Hotel, welcher sich scheinbar unendlich in die Länge zog. Unterwegs kamen wir an einem Internetcafe vorbei und erkundigten uns, ob es möglich sei, die Fotos der inzwischen schon gefüllten Speicherkarten des Fotoapparates auf eine CD brennen zu lassen. Da wir jedoch die vollen Karten nicht bei uns trugen, konnten wir just in diesem Moment diesen Dienst, der möglich gewesen wäre, nicht in Anspruch nehmen.
 
In einem Fotoladen, der sich in unmittelbarer Nähe unseres Hotels befand, fragten wir erneut nach und erteilten, nachdem wir die fehlenden Datenträger aus dem Hotelzimmer geholt hatten, den Auftrag zum Brennen einer Foto-CD, die innerhalb einer Stunde fertig sein und fünf Dollar kosten sollte. Nach entsprechend vergangener Zeit war das gute Stück allerdings noch nicht fertig, so dass wir uns noch ein Weilchen gedulden mussten und es uns auf den Metallbänken vor dem Laden bequem machten.

Irgendwann schließlich war die Scheibe fertig und wir vertraten uns noch ein Stück in der Stadt die Beine.

Wir kamen zum „Torre Latinoamericano“, dem 44-stockwerkigen, lateinamerikanischen Turm, der 1956 fertig gestellt wurde und als der erste Wolkenkratzer Mexikos gilt.

Die gewaltige Stahlkonstruktion hat schon mehreren schweren Erd-beben, so auch dem von 1985, standgehalten. Wir bezahlten Eintritt und wurden in nur 30 Sekunden vom Aufzugsmann in den 36. Stock dieses 180 Meter hohen Monuments gefahren.

Ein weiterer Aufzug, in den wir umstiegen, führt zur verglasten Aussichtsterrasse mit Kaffeestube im 42. Stockwerk. Weitere zwei Etagen bewältigten wir noch zu Fuß und hatten von der offenen Plattform einen beeindruckenden Blick über das Lichtermeer der nächtlich beleuchteten Hauptstadt Mexikos.

Betti verewigte uns auf dem Weg nach unten im ausliegenden Gästebuch der 36. Etage. Da Anne und Betti unbedingt noch einen Kuchen zu sich nehmen wollten, kehrten wir kurzerhand nochmals in das Sanborns vom Vorabend ein. Die Männer tranken Bier, Anne eine Limonade und Betti einen Kaffe, der immer wieder zum Preis von einer Tasse bis zum Abwinken nachgefüllt wurde. Wieder im Luxus-hotel angekommen, verspeiste ich mein vom Zimmermädchen hinter-legtes Betthupferl und verfiel im riesigen Bett der tiefen Träumerei.
 

Tag Neun: Xochimilco - Mexiko Stadt​


Der Tag begann wie immer mit einem unerschöpflichen und leckeren Frühstücksangebot des Hotels. Nachdem wir gesättigt waren, erwartete uns wieder der Mann mit dem Fahrzeug, der uns schon am Vortag zu den Pyramiden gefahren hatte. Diesmal jedoch hatten wir den Bus für uns allein. Wieder fuhren wir durch den dicken Verkehr der riesigen Stadt und beäugten das Viertel, welches von seinen wohlhabenden Be-wohnern - oder deren Angestellten - sehr gepflegt wird. Im Gegensatz zu anderen Gegenden wird hier trotz teilweiser Wasserknappheit alles bewässert und die Bäume, Sträucher und Wiesen erstrahlen im satten, saftigen Grün. Wir fuhren vorbei am Fußballstadion, dem wohl größten der Welt, dem „Estadio Azteca“, in dem anlässlich der Fußballwelt-meisterschaft von 1986 „Diego Armando Maradona“ die Welt mit seinen Zaubertoren betörte, und der „Universidad Nacional Autónoma de México“ (UNAM), der weltweit größten Universität mit mehr als 250.000 Studenten.

Auch besuchten wir die „Plaza de Méxíco”, welche mit 50.000 Plätzen eine der weltweit größten Stierkampfarenen ist, und fuhren am Museum „Diego Rivera“ vorbei.

Wir erreichten „Xochimilco“, das Hauptziel unseres Tagesausflugs. Xochimilco kommt aus der Náhuatlsprache und bedeutet übersetzt so viel wie „der Ort, wo die Blumen wachsen“. Wo wir uns vergnügten, befanden sich im 14. Jahrhundert „die schwimmenden Gärten“ der Aztekenstadt „Tenochtitlán“.

Um die Versorgung der Stadt Tenochtitlán sicherzustellen, wurden auf dem „Texcoco-See“ künstliche Anbauflächen geschaffen. Dazu be-nutzten die Azteken rechteckige Flöße aus Flechtwerk und Schilf. Auf diese Flöße häuften sie zirka einen Meter schwarze Erde an. Auf diese Erde gaben sie ein zweites Floß aus Flechtwerk und füllten es ebenfalls mit Erde auf. Flöße und Erde wurden solange aufgeschichtet, bis eine Höhe von drei bis fünf Metern erreicht wurde. An den Seiten der fertig gestellten Pflanzflöße wurden Weiden gepflanzt, die dem Ganzen Halt geben sollten. Nun konnten die Flöße mit Gemüse und Blumen bepflanzt werden. Durch die ständige Wasserzufuhr und Schlamm-düngung wurden bis zu sieben Ernten im Jahr möglich. Mit der Zeit wuchsen diese schwimmenden Gärten durch Wurzelbildung am See-grund fest an.

Mit bunt geschmückten Booten, den "trajineras", die bis zu 20 Personen Platz bieten, gondelt man heute durch ein 150 Kilometer langes, einem Labyrinth gleichenden, verzweigten Kanalsystem. Mit einer langen Stange werden diese Boote durch die flachen Kanäle, die auch gut und gerne als „mexikanischer Spreewald“ bezeichnet werden können, gesteuert. Hier findet immer ein lebhaftes Treiben statt. Ausflügler, Touristen, „Mariachis“ und Verkäufer, die auf ihren kleinen Booten Blumen, Musik und allerlei Speisen wie Tortillas, Tacos und Bier anbieten, bevölkern die „schwimmenden Gärten“.

Mariachis sind übrigens Musiker, die von ihrer Liebe zu Mexiko und der Liebe im Allgemeinen, vom „machismo“, und der Schönheit der Frauen singen. Von leisen, sentimentalen Balladen mit viel Herz-schmerz bis hin zu schmetternden, fröhlichen Klängen ist in ihrem reichhaltigen Repertoire alles vertreten. In der Regel besteht die Instrumentierung aus einem Standbass, mehreren Gitarren, Blechblas-instrumenten und manchmal noch einem Akkordeon. Typische Merk-male sind die schrillen, manchmal auch schrägen Blechklänge und viel Gefühl. Oft sind es ältere Amateure, die sich mit ihrer Musik ein Zubrot verdienen, es gibt aber auch Familienunternehmen, in denen vom Großvater bis zum Enkel alles vertreten ist.

Wir bestiegen gemeinsam mit unserem Ausflugsbegleiter ein farben-prächtig bemaltes Wassergefährt, welches wie all die anderen Boote einen Frauen- beziehungsweise Mädchennamen, der mir jedoch nicht mehr in Erinnerung geblieben ist, trug und wurden mit Getränken versorgt. Der Mann, der uns durch die Kanäle stakte, musste sich von der Anlegestelle bis zum Kanal erst einmal einen Weg durch die vielen noch auf Kundschaft wartenden, leeren Boote freikämpfen. Gerade als wir uns ein Stück vom Ufer entfernt hatten, sprang von einem anderen Boot ein Mann mit einem großen schwarzen Koffer in unser Wassertaxi über. Er öffnete seinen Koffer und bot seine „Schmuckstücke“, die da silberne Ringe, Ketten, Armreifen und Ohrringe waren, feil. Natürlich fand sein Angebot auch wieder bei unseren Frauen Gefallen und er wurde um einen Teil seiner Waren erleichtert. Aus Dank für das gute Geschäft küsste er den Geldschein, schenkte Rudolf eine Fingerfalle, bedankte sich bei uns und sprang vergnügt wieder auf eines der anderen Boote.
 
Nachdem unsere Fahrt auf dem Wasser beendet war, schlenderten wir noch ein Weilchen auf dem sich gleich in unmittel-barer Umgebung befindlichen Trödelmarkt herum. Hier gab es wieder das typische Zeug, welches sich Touristen kaufen sollten, damit es irgendwann in einer der Ecken der Schränke und Vitrinen in ihren Wohnungen verstaubt. Aber auch Fleischwaren und andere Lebens-mittel sowie lebendige Schildkröten und Schlangen konnten hier erworben werden. Betti und Arnulf kauften sich ein mit einem Sonnenmuster verziertes, zart klingendes Windspiel.

Wieder ging die Fahrt zurück durch die Straßen der Hauptstadt, dessen Verkehrsdichte immer mehr zunahm. Im Stau stehend beschlossen wir, die Innenstadt zu Fuß zu erkunden und ließen uns von dem netten Fahrer, der natürlich ein gutes Trinkgeld von uns bekam, in der Nähe des „Cafe Tacuba“ absetzen. Ohne Probleme erhielten wir, als wir dort ankamen, einen Tisch zugewiesen und bestellten uns zu Trinken und zu Essen. Wie immer und überall in ganz Mexiko bekamen wir als Vorspeise „Guacamole“, ein mildes grünes Avocadopüree, welches man als Brotaufstrich oder Dip verwenden kann, gereicht.

Die Avocado aus der Gattung Persea gehört übrigens zur Familie der Lorbeergewächse und eigentlich ist die Frucht botanisch gesehen eine Beere.

Die birnenförmigen Früchte enthalten bis zu 25 Prozent Fett, das haupt-sächlich aus einfach ungesättigten Fettsäuren besteht und daher zu den gesunden Fettspendern zählt. Bestimmte Sorten werden deshalb auch zu medizinischen Zwecken, so zum Beispiel als Bakterizid und gegen Durchfallerkrankungen, verwandt.

Das Toxin Persin kommt in der gesamten Pflanze, sowohl in der Grünpflanze, als auch im Fruchtfleisch und Kern vor, und verursacht bei Hunden und Katzen schwere Herzmuskelschädigungen, deren Folge Atemnot, Husten und Bauchwassersucht sind. Die Aufnahme von Avocados endet bei Haustieren meist tödlich. Für Menschen ist Persin dagegen harmlos.

Die Bezeichnung "Avocado" stammt wie schon erwähnt von dem Náhuatl-Wort "ahuacatl", was auch Hoden bedeutet. Die Spanier machten daraus "aguacate", aber auch "avocado", ein ihnen schon ver-trautes Wort, da es eine altertümliche Bezeichnung für Rechtsanwalt war. Früher wurde die Avocado gelegentlich auch nach dem Portugiesischen als "Abacata" und im Deutschen als "Eierfrucht" be-zeichnet.

Das Wort "Guacamole", jenes mexikanische Wort, das einen Avocado-dip bezeichnet, stammt von dem Náhuatl-Wort "ahuacamolli", das übersetzt "Avocadosuppe" oder "Avocadosoße" bedeutet. Die Spanier übrigens erwähnten die Frucht erstmals 1519 in einem Buch.

Weiterhin bekamen wir als Appetitanreger - wie so oft - Taccos mit scharfer Salsa gereicht, die aus Chili, Tomaten, Zwiebeln und Knob-lauch besteht.

Das interessanteste Gericht in diesem Gasthaus jedoch bestellte sich Rudolf. Er orderte sich eine scharfe mexikanische Spezialität. Und zwar handelte es sich dabei um ein Geflügelgericht mit „Mole Poblano“.

Die „Mole" ist eine dunkle Soße auf Schokoladenbasis, die zu Kolonial-zeiten von einigen Nonnen in der Stadt Puebla rund 130 Kilometer südöstlich von Mexiko-Stadt erfunden wurde und neben verschiedenen Chilisorten und Gewürzen auch Schokolade enthält. Die Soße allein, so wie ich sie kostete, schmeckt nicht gerade angenehm, jedoch in Ver-bindung mit Hühnerfleisch soll sie wohl laut Rudolf eine recht an-genehme Abwechslung zu den alltäglichen Geschmackseindrücken ge-wesen sein. Während wir aßen, ließen an die sieben Musiker in den engen Gängen zwischen Tischen und Stühlen mit ihren teilweise sperrigen Instrumenten zur Unterhaltung der Gäste und zum Leid der Bedienung, ihre Lieder erklingen. Nach dem Mahl verließen wir die Lokalität, vorbei an einer Traube anstehender Menschen, die in-zwischen bereits darauf warten mussten, an einem Tisch platziert zu werden.

Durch die überfüllten Straßen bahnten wir uns einen Weg zu der großen Kathedrale, die am Hauptplatz, dem so genannten „Zócalo“ steht. Ein Bollwerk des Christentums sollte sie werden, die Kathedrale, die die Spanier aus den Steinen der alten Aztekentempel errichteten. Die 250 Jahre Bauzeit haben die unterschiedlichsten architektonischen Stilrichtungen an der ältesten und größten Kathedrale des amerikanischen Kontinents hinterlassen. Beinahe weitere 250 Jahre lang schienen die gestürzten Götter auf Rache gesonnen zu haben. Am Ende des 20. Jahrhunderts war ihre Zeit gekommen. Mexiko-Stadt war zur größten Stadt der Welt mutiert und seine durstigen Einwohner saugten mit fatalen Folgen an den Grundwasserreserven, denn zwischen den alten Tempelfundamenten entstanden Hohlräume, die sich nicht mehr füllten. Mexiko-Stadt versank und versinkt sukzessiv und nicht gleich-mäßig. Manche Teile eines Gebäudes zieht es schneller als andere in den Untergrund. Die Doppeltürme der Kathedrale neigen sich leicht zur Seite, während ihr barocker Rumpf mit schätzungsweise 130.000 Tonnen im sumpfigen Boden verschwindet. Das ganze Gotteshaus scheint auf den sanften Wellen des früheren Texcoco-Sees zu schwanken. Beim Erdbeben von 1985 senkte sich der Boden ein weiteres Mal.

Mehr als sechs Meter beträgt nun schon das Gefälle zwischen Eingangs-pforte und Hochaltar. Der Innenraum ist ein Raum jenseits barocker Paradiesvorstellungen, denn ein Gerippe aus Stahl soll die mächtigen Kirchenschiffe vor dem Sinken retten. Im Bauch der Kathedrale be-wegten wir uns wie durch das Knochengerüst eines sterbenden Dinosauriers und gelangten schließlich wieder nach draußen an den Rand des „Zócalo“.

Der Zócalo verdankt seinen Namen einem Diktator, dem um 1855 bereits ein Theater und Teile der Nationalhymne huldigten, und der sich etliche Jahre nach der Unabhängigkeit einmal mehr in Szene zu setzen suchte und nach einer Statue seiner selbst verlangte. Fertig gestellt wurde jedoch nur das Fundament, welches nach des Diktators Sturz lange Jahre verwaist auf der „Plaza de la Constitución“ verblieb, bis der Begriff den gesamten Platz meinte. "Zócalo" steht also für den zentralen Platz in einer Stadt, an dem Menschen zusammenkommen, Waren austauschen und miteinander reden und bedeutet wörtlich übersetzt nichts anderes als „Sockel“.

Der Zócalo in Mexiko-Stadt ist einer der größten Plätze der Welt. An seinen Rändern befinden sich der Präsidentenpalast, die Kathedrale, das Rathaus und das Pfandhaus, letzteres ursprünglich ein Palast, der auf den Fundamenten des Axayatl-Palastes der Azteken ruht.

In den frühen zwanziger Jahren war der Zócalo eine botanische Anlage mit angelegten Wegen und Bäumen, umfahren von Straßenbahnen aus Holz.
 
Heute schiebt sich eine nicht abreißende Blechlawine aus vor-zugsweise grünweißen VW-Käfer-Taxis um den Platz. Das steinerne Quadrat würde übrigens auf seinen 240 mal 240 Metern Platz für beinahe zehn Fußballfelder bieten. Auf dem Platz stehen keine Bäume, keine Bänke zum Ausruhen und keine Pavillons und es ist vielleicht der schlechteste Ort, die Liebste zu treffen. Einzig eine überdimensionale Nationalfahne lotet dessen Mitte aus. Nach dem Roten Platz in Moskau soll der Zócalo der zweitgrößte Platz der Welt sein.

Mit seiner strengen Symmetrie eignet er sich ideal als Aufmarschplatz für Militärparaden und rund eine Million Menschen sind auf ihm schon zusammengekommen. Jeden Morgen ist die Leibgarde des Präsidenten damit beschäftigt, Trommeln zu rühren, Trompeten zu blasen und die Fahne zu hissen, um am Abend das 22 mal 17 Meter große Tuch mit dem eine Schlange fressenden Adler wieder zusammenzurollen und es mit in den Präsidentenpalast zu nehmen.

Um das ganze Welttheater dieses Platzes stilvoll zu Füßen zu haben, wollten wir auch die großzügige Aussicht von der Dachterrasse des Hotels „Majestic“ genießen, dessen unauffälliger Eingang versteckt in einer Seitenstraße liegt, so als solle nicht jeder gleich den Zugang zu dem Haus am Zócalo finden. In dem Hotel, welches etwas in die Jahre gekommen, dafür aber gut gepflegt und mit einer Dachterrasse mit Blick auf das Epizentrum der Megalopole ausgestattet ist, schwebten wir mit dem schmiedeeisernen Aufzug hinauf in den siebten Stock und machten es uns an einem Tisch an der Terrasse bequem und tranken unseren täglichen Espresso, der jedoch recht stark war.

Von hier oben hatten wir einen wirklich fabelhaften Blick über den gesamten Platz, auf dessen uns zugewandter Seite gerade eine Bühne stand, auf der folkloristische Tänzer eine Darbietung zum Besten gaben. Ein Stückchen weiter sahen und hörten wir bunt herausgeputzte Indianer, die ebenfalls lautstark ihre Tänze aufführten. Der Reiz dieses Platzes liegt übrigens im engen Zusammenspiel dreier Kulturen. Und zwar der spanisch-katholischen, der präkolumbianischen und der mexikanischen. Rund um Zócalo breitet sich die ganze Geschichte Mexikos aus. Im Norden dominiert die mächtige Kathedrale mit barocker Fassade, während ihr gegenüber die weltliche Macht im Sitz des Bürgermeisters und der Stadtverwaltung regiert. Die komplette Ostseite beherrscht der Präsident mit seinem Nationalpalast. Ganz versteckt zwischen Palast und Kathedrale klafft eine Wunde. Es sind die freigelegten Reste von Tenochtitlán mit dem Haupttempel der Azteken, dem „Templo Mayor“, welches die Spanier geschliffen und schräg gegenüber Handelsarkaden errichtet haben, in denen noch heute Kaufleute ihre Waren anbieten.

Rudolf, Ina, Betti und Arnulf beschlossen, sich das Treiben auf dem Marktplatz aus der Nähe anzusehen, während Anne und ich derweil schon den Weg zurück ins Hotel antraten. Der Weg führte vorbei am „Casa de los Azulejos“, dem im 16. Jahrhundert gebauten Kachelhaus, nach dessen Weg sich Anne auf spanisch in einem Geschäft auf der Straße erkundigte. Das Haus wurde auf Wunsch einer Gräfin ab 1737 mit Kacheln neu gestaltet. Die blaugelben Kacheln stammen teils aus Puebla und zum Teil aus China. In dem Gebäude sind schon seit langem Geschäfte und ein Restaurant eingerichtet. Im Haus befanden sich unter anderem Glasvitrinen mit feinsten Schokoladen, die sehr appetitlich angerichtet und zum Kauf angeboten waren. Mit dem antiquarischen Aufzug, dessen Metallgittertür schon sehr altehrwürdig anmutete, fuhren wir in die oberste Etage und hatten einen guten Blick über das hier seit 1919 ansässige Sanborns.

Unterwegs zum Hotel kamen wir auch am „Alameda Park“ vorbei und durchquerten ihn. Früher promenierte in diesem Kolonialgarten nur die Oberschicht. Heutzutage ist er ein beliebter Treffpunkt für Liebespaare. Am Wochenende kommen viele Gaukler, Straßenkünstler, Schlangen-beschwörer, aber auch viele Dienstmädchen, um sich den Mann fürs Leben zu suchen, hierher.

Am Rande des Parks stand ein riesiger Polizeilastkraftwagen für die Pferde der hier endlos patrouillierenden berittenen Polizei in traditioneller Uniform. Die Touristenschutzpolizei trägt unter anderem große Sombreros und dicke Revolver am Gürtel und lässt sich gern gut gelaunt und geduldig von und mit den Touristen fotografieren.

Unser Hotel stand direkt gegenüber dem Park, so dass wir, nachdem wir erfolgreich die große Hauptverkehrsstraße überquerten, schon in unserer Unterkunft waren und einige Postkarten an Daheimgebliebene schreiben konnten. Nachdem auch das Quartett wieder eingetroffen war, stellten wir belustigt fest, dass wir alle auf dem Rückweg unab-hängig voneinander bis auf den Zócalo ähnliche Erlebnisse und Ein-drücke gesammelt haben.

Zum Abendbrot einigten wir uns darauf, nochmals ins Kachelhaus zu gehen und dort zu speisen. Gesagt, getan. Jedoch war es für uns sechs Personen nicht einfach, einen Platz zugewiesen zu bekommen. Arnulf und Anne standen ewig an der am Eingang befindlichen Menschen-schlange, während wir Anderen von der oberen Etage versuchten, einen eventuell frei werdenden Tisch im Innenhof zu erspähen. Dies gelang leider nicht, so dass wir letztendlich in der oberen Etage Platz nahmen und dem ohnehin schon gestressten Personal noch mehr Beschäftigung verschafften. Mein erstes Bier musste nämlich genau vier Mal nachbestellt werden, bis es überhaupt serviert wurde. Was ich jedoch bemerkenswert fand war, dass in kompletter Belegung dem am Nachbartisch sitzenden Geburtstagskandidaten ein schief gesungenes Ständchen geträllert wurde. Nachdem wir wieder im Hotel ange-kommen waren, stieg jeder in sein Bettchen und schlummerte die letzte Nacht in der niemals zur Ruhe kommenden Stadt.
 

Tag Zehn: Mexiko Stadt - Cancún​


Wie die anderen drei Tage zuvor gab es auch an diesem Morgen wieder das Problem mit dem Frühstückszettel des Hotels. Die Belegschaft wollte von jedem frühstückenden Hotelgast solch einen Berechtigungs-schein, der uns jedoch jeweils pro Zimmer am Tag der Ankunft von der Rezeption ausgehändigt wurde. Nachdem die interne Rücksprache des Personals alles klärte, war diese Angelegenheit für uns kein Thema mehr.

Am Nachbartisch frühstückten ältere Herrschaften, von denen einer so aussah wie Jimmy Carter, der ehemalige Präsident der USA. Und unserer Meinung nach war er es auch.

Wir packten unsere Koffer und Taschen und wurden nach dem Aus-buchen zum Flughafen transportiert, wo wir uns gleich auf die Suche nach dem richtigen Schalter machten und uns in die Reihe der Wartenden einordneten. Die Abfertigung dauerte recht lange, weil es bei Rudolf und Ina ein Problemchen gab. Arnulf und Rudolf flitzten auf dem Flughafen herum, um eine Angelegenheit zu klären, die uns unerklärlich schien. Rudolf und Ina sollten, so erklärte der Mann am Schalter, Tax nachbezahlen, obwohl wir anderen Vier bereits abgefertigt waren und nichts Derartiges nachzuzahlen hatten. Da wir genügend Aufenthaltszeit hatten, waren wir nicht durch die Zeit genötigt, aber über den Zwischenfall leicht verärgert und verdutzt. Der anschließende Inlandsflug von Mexiko-Stadt nach Cancún verlief ohne erwähnens-werte Geschehnisse und dauerte ungefähr zwei Stunden. Der für uns nichtszutuende Moment erschien recht kurz, da zwischendurch eine warme Mahlzeit bestehend aus Spinat auf Nudeln und außerordentlich lecker schmeckenden Schweineohren serviert und somit die Zeit wahrlich effektvoll überbrückt wurde. Bei Ankunft auf dem an der äußersten Nordspitze der Yucatán-Halbinsel befindlichen Haupt-siedlungsgebiet der Maya hatten Rudolf und Ina auf dem Flughafen in Cancún erneut Probleme. Diesmal allerdings mit ihrem Gepäck, welches auf dem Fließband der Gepäckausgabe in desolatem Zustand vorzufinden war. Eine Lösung wurde schnell gefunden und Rudolf bekam einen Gutschein zum Erwerb eines neuen Gepäckstückes ohne Inhalt.

Nach dem Transfer vom Flughafen zum Hotel bezogen wir unsere Zimmer und Arnulf, Anne und ich erfrischten uns direkt im Pool des Hotels. Am Abend versammelten wir uns in der Lobby des Hotels und schlossen uns mit anderen deutsch sprechenden Ferienmenschen zu einer 42-köpfigen Reisegruppe zu einer Yucatán-Rundreise zusammen, die von einem Reiseleiter namens Carlos arrangiert wurde. Carlos begrüßte uns in so einer Art Seminarraum, überprüfte seine Liste mit den Namen der Anwesenden und händigte einen Plan aus, der uns instruieren und für die nächsten Tage als Wegweiser seine Gültigkeit haben sollte. Nach einem alkoholfreien Cocktail entließ er uns in die Nacht und wir machten uns zu sechst los, um ein Ersatzbehältnis für Rudolfs und Ina´ ramponierten Koffer zu besorgen. Wir durch-forsteten zwei große Supermärkte und etliche kleine Läden mit unge-kröntem Erfolg, bis Rudolf und Ina endlich in einem geeigneten Geschäft fündig wurden und eine Tasche, die wie eine Ziehharmonika auseinanderzufalten ging, zu einem angemessenen Preis kauften. Auf der Promenadenstraße wurden wir ständig von Leuten angesprochen, die uns in die in den Seitenstraßen gelegenen Restaurants locken wollten. Wir ließen uns auf einen uns Ansprechenden, der uns zum einfachen Preis doppelte Getränke versprach, ein und folgten ihm in ein Lokal, in dem wir die einzigen Gäste waren. Dort genehmigten wir uns wieder die leckersten Speisen und ließen uns noch einige Tequila munden, bevor wir uns auf dem Heimweg alkoholfreie Getränke für die Nacht und den nächsten Tag kauften. Im Hotel angekommen, packten wir schon die nicht mehr benötigten Sachen in die Koffer und begaben uns zur Nachtruhe.
 
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