Clandestino
Abgemeldet
Für viele Yumas ist es offenbar schwierig bis unmöglich zu begreifen, dass die in unserer Gesellschaft gängige Klassifizierung bestimmter Verhaltensweisen oder Menschen in gut oder böse, moralisch - unmoralisch, ehrenwert - gesocksig, puta - buena, usw. ..und deren Zuordnung zu bestimmten Gesellschaftsgruppen nicht wirklich auf die kubanischen Gesellschaft übertragbar sind.Ansonsten gebe ich Dir mit Deinen Ausführungen recht, aber wie gehabt dann sind wir wieder auf der Strasse beim Gesockse.
Natürlich können auch Kubaner zwischen gut und böse, richtig und falsch unterscheiden, z.B. weiß jeder, dass Diebstahl etwas schlechtes ist, und doch tut es (beinahe) jeder, 'resolver' und 'luchar' heißen hier wieder die Zauberworte, mit denen sich in Kuba offensichtlich jegliches Fehlverhalten entschuldigen lässt.
Ein Job ist ein guter Job, nicht weil die Tätigkeit interessant oder sinnvoll ist, sondern weil sich dort gut klauen lässt. Eine Beziehung ist nicht optimal, weil der Partner so ein liebenswerter, gut aussehender Mensch ist, sondern weil sie zweckdienlich ist, das bezieht sich nicht bloß auf sexuelle Beziehungen, sondern auf nahezu alle Kontakte die Kubaner untereinander und natürlich insbesondere zu Ausländern eingehen.
Warum das so ist? Kann ich nicht umfassend beurteilen. Ich vermute, dass die traumatische Zeit des periodo especial eine Rolle spielt, der tiefe Absturz nach dem Zusammenbruch der SU, auch fehlen in Kuba moralisch/ethische Vorbilder wie sie z.B. die Kirchen darstellen können, auch der korrupte Staat ist allenfalls ein Vorbild im negativen Sinne.
Wer jetzt also glaubt, "das mag ja alles sein, aber meine/r :love_heart: ist ganz anders, er/sie entstammt ganz anderen Kreisen, das betrifft bloß die Nutten- und Chulokreise", was, auch wenn die Wahrscheinlichkeit gering ist, durchaus möglich sein kann, sollte sich bewusst machen, dass eben genau diese Verschiebung der Wertmaßstäbe ein fundamentaler Unterschied zwischen der kubanischen Gesellschaft und - ich sage mal - der westlichen Welt ist.
Es sind dort keine Randgruppen, die stehlen, betrügen, herum huren, korrupt sind, lügen usw. sondern es ist natürlicher Bestandteil des täglichen (vermeintlichen) Überlebenskampfes. Vermeintlich, weil es den meisten Kubanern nicht wirklich ums Überleben geht, sondern um viel profanere Dinge, wie ein z.B. bisschen Luxus oder die Hoffnung auf ein besseres Leben im Ausland.
Für manche mögen das harte Worte sein und sie werden sicher nicht jedem Kubaner gerecht. In jeder Population gibt es eine Variationsbreite, nicht nur das Äußere betreffend, also Körpergröße, Hautfarbe, Gewicht etc. sondern auch bzgl. des Verhaltens, bzw. des Charakters. Trotzdem, finde ich, sollte man sich mit diesen Tatsachen auseinandersetzen, wenn man eine tiefere Beziehung zu Kuba, bzw. einem/er Kubaner/in eingehen möchte, denn er/sie ist dort aufgewachsen, dort 'sozialisiert' worden.
Die Vorstellung des romantischen Kubas der stets fröhlichen, tanzenden, lebensfreudigen, unkomplizierten Menschen, die in chromblitzenden maquinas palmengesäumte Straßen entlang kutschern und dabei fette Zigarren rauchen, taugt allenfalls für Kubaurlauber, die dort 'die schönste Zeit des Jahres' verbringen wollen, ohne Anspruch auf tiefere Einblicke hinter die Kulissen.
So, das war das Wort zum Donnerstag...
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