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Meine erste Kubareise 2024

Ich sitze auf einer Bank am Cespedes, die andere Bank im Rücken. Schräg gegenüber, also die Kathedrale im Rücken, nimmt eine Chica Platz. Die trägt quasi Badesachen, was aber keinen stört. Dann legt sie sich mit dem Rücken auf die Bank und grinst mich an. Ich kann gar nicht anders, als ihr Tattoo zu bewundern, dass am Knie beginnt und schließlich als große bunte Blüte unter ihren knapp den Hintern bedeckenden Shorts verschwindet. Früher hätte es so etwas nicht gegeben: Da wären die Parkwächter angerannt gekommen, weil eine Person nicht züchtig sitzt und die Polizei (per Videoüberwachung alarmiert), weil die Kleidung nicht zum Stadtzentrum passt und offenbar ein Yuma angemacht wird. Asoziales Verhalten, aber die Landpomeranze aus San Luis juckt das alles nicht und sie hat letztlich recht. Nur meine Verabredung steht plötzlich vor mir und mustert die Tattoo-Trägerin stirnrunzelnd, die das einfach weglächelt.
 
Hatte sie ein Nummernschild umgebunden oder war die Adresse auch eingraviert?
Hat mir mein Kumpel in der Polizeistation per Whatsapp durchgegeben. Wollte das dann checken, aber sie hatte keinen Ausweis dabei. Angeblich, weil der im Reisebüro lag, wo sie eine Busreise nach Havanna buchen wollte (nicht Viazul). Sonst noch Fragen?
 
Wer DAS denn gewesen sei, fragte die Verabredung. G. aus S. L., gebe ich mein Wissen weiter. Woher ich denn das wüsste, fragt die Bekannte skeptisch (wie Cristal Otti). Ich beende das Verhör, in dem ich auf deutsch antworte und dann eine entscheidende Aussage treffe. ICH gehe jetzt Mojito in der Pizzeria trinken und sie könne mitkommen oder es bleiben lassen.
Sie kommt natürlich mit, aber nun eingeschnappt, zwei Schritte zurückgefallen. Erst in Höhe Pizzeria steht sie wieder an meiner Seite. Wir finden zwei Plätze und mein Lieblingsbarkeeper begrüßt mich mit einem Wink. An einem Nachbartisch sitzt ein Pärchen, das mir auffällt. Weniger weil er mindestens so alt wie ich ist, und seine Begleitung so jung und schlank wie meine, während er erheblich beleibter als ich bin, was was heißen will, sondern weil sie Schwierigkeiten hat, die Tür zur Toilette aufzubekommen und er mit seinem Geldbündel, zu bezahlen. Es ist eben blöd, wenn der MN-Zehner auf der Rückseite fast dem Tausender gleicht.
 
Diese Begegnung hätte ich längst vergessen, wenn meine beiden Kleinen nicht am frühen Abend ebenfalls Pizza essen wollten. Und wer sitzt da in der Pizzeria? Eben jener Typ mit einem vielleicht 13-jährigen Mädchen und starrt erneut verzweifelt auf seine Geldbündel! Eine Stunde später erscheint er noch einmal, diesmal alleine.
Während ich schnell meinen Mojito erhalte, müssen sich die Kinder mit ihrer Cola gedulden. Die gebe es erst zur Pizza, erläutert die Bedienung den Verdutzten und schaut mich beifallheischend an. Da sei eben so auf Kuba, erläutere ich den beiden auf deutsch. Die beiden beratschlagen auf Spanisch, lassen es aber auf sich beruhen. Also Pizza und Cola dann serviert werden, verzehrt jeder ruckzuck und mit Appetit seine Hälfte und meine Tochter rülpst so laut, dass selbst der Barkeeper aufmerkt. "Mädchen rülpsen nicht", sage ich. "Ich", entgegnet meine Tochter, mit einer bedeutsamen Pause, "ich schon".
 
Freudige Überraschung am morgen: Das Café Isabelita am Boulevard ist wieder geöffnet - mein Lieblingscafé, auf das ich seit dem kubanischen Lockdown verzichten musste, weil alles verriegelt und verrammelt war. Schnell laufe ich los und die Freude schlägt um in tiefe Enttäuschung. Das Café ist zwar offen, aber es sitzt kein Mensch drin. Die jungen Leute, die am Tisch nahe des Eingangs sitzen und bei meinem Erscheinen aufspringen, sind das Servicepersonal. Mit einem Blick auf die Tafel mit den Angeboten und den Preisen ist mir auch klar, dass sich das nicht ändern wird. Die einstige Begegnungsstätte für alle, die durch das Zentrum streifen, Arbeiter, Abschlepper, Touristen, wartet allein auf letztere. Und die werden nicht kommen, weil sie schon aus Angst kein leeres, dunkles Lokal betreten. Hier kostete früher das Tässchen Kaffee eine Peso, jetzt wird mehr als das Hundertfünfzigfache gefordert, wo doch ansonsten ein Kaffee im Straßenverkauf aktuell zehn MN kostet.
Ich setze mich nicht rein, auch weil ich das großformatige Gemälde von Isabelita vermisse. Wo es abgeblieben ist, kann mir keiner der jungen Leute sagte. Sie wissen nicht einmal, was ich meine.

 
In den Räumen neben der Bar am Cespedes sind Karikaturen zu sehen, die in Deutschland verboten wären. Denn die Zeichner beschäftigen sich mit dem Konflikt im Nahen Osten und ergreifen Partei: gegen Israel und für Palästina. Damit entsprechen sie der kubanischen Staatsdoktrin. Auf der Straße dagegen eine ganz andere Show. Verhüllte Kunst aus den USA. Ein halbes Dutzend Harleys steht da, alle versehen mit Kölner Nummernschildern. Ein paar Musiker haben sich an den Maschinen und musizieren, was das Zeug hält, in der Hoffnung, dass die Fahrer auftauchen und Euroscheine fallen lassen.
 
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