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Eine Woche bei Freunden - meine Eindrücke

Katy

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5 Jan. 2021
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231
Meine Reise zu meiner befreundeten Familie war für eine Woche im Oktober geplant. Schon im Vorfeld gab es Streit zwischen den Familien, die ich besuche. Sie sind durch ein gemeinsames Kind miteinander verbunden. Ich besuche die Familien seit 5 Jahren und weiß, dass die Beziehung zwischen den getrennt lebenden Eltern schwierig ist. Immer wieder ist die Frage: bei wem wohne ich; warum besuche ich dann auch die andere Familie UND – das Hauptthema: was bringe ich den anderen mit? Es ist traurig – aber der Neid ist riesig. Familienmitglieder, die ich noch nicht kannte, schreiben mir, um mich um Handys zu bitten. Wenn es möglich ist, erfülle ich den Wunsch und wenn ich keine Handys habe, gibt es keine. So einfach. Aber für meine direkten Freunde ist es das nicht. Sie möchten nicht, dass ihre Familien bei mir „betteln“. Ich mache alles transparent und bespreche es im Vorfeld mit meinem direkten Freund Adrian. Er bedankt sich, dass ich seiner Familie helfe. Aber vor Ort erfahre ich, dass der Schein trügt. Der interne Familienstreit breitet sich durch solche Dinge weiter aus. Schon im Vorfeld werde ich gefragt, was ich für die anderen mitbringe. Ich bekomme vor meiner Reise Nachrichten, dass die Familie, bei der ich wohne, schlecht über mich redet. Ich soll nicht dort hingehen, ich solle bei den anderen wohnen. Was ist Wahrheit, was ist Lüge? Was sind persönliche Machtkämpfe? Was ist Neid? Alle freuen sich über meine Ankunft – aus den einen oder anderen Motiven. Aber die Frage Nr. 1 ist – was bringe ich für die anderen mit? Bleibt noch genug für die eigene Familie, bei der ich wohne. Ich trete selbstbewusst auf und versuche, mir das beklemmende Gefühl nicht anmerken zu lassen. Ich möchte allen helfen und meine es gut – aber das ist nicht so einfach. Selbstverständlich konfrontiere ich die Familie mit den Vorwürfen und die Aufregung ist groß. Der nächste Familienkrach steht ins Haus. Das tut mir leid, aber darauf kann ich in diesem Fall keine Rücksicht nehmen. Ich muss es offen ansprechen. Ich kann mich aus meiner eigenen Historie heraus sehr gut in gewisse Gedanken hinein versetzen, aber hier bin ich an meine Grenze gestoßen. Das wollte und konnte ich so nicht stehen lassen.

Wir konnten die Situation klären und ich hoffe, dass mich zukünftig alle aus ihren internen Streitereien heraushalten.

Als positiv denkender Mensch lasse ich mich dadurch nicht davon abhalten, die gemeinsame Zeit zu genießen. Wir konnten eine sehr schöne gemeinsame Woche verbringen. Wir haben einen Familienausflug an den Strand gemacht und die Zeit mit Freunden und Domino spielen verbracht. Ein tägliches Thema war die Versorgung mit Lebensmitteln. Wir waren oft im Städtchen unterwegs, um nach Bohnen, Reis oder anderen Dingen zu suchen. Bohnen waren schwierig – alles andere konnten wir über gute Verbindungen bekommen. Aber alles kostet Geld und das ist das nächste Problem. Ich habe natürlich unterstützt, aber was ist an den anderen Tagen des Jahres? Das zweite große Thema ist der Stromausfall. Wir hatten jeden Tag oder Nacht für einige Stunden keinen Strom. In der Nacht war es unerträglich, ohne Ventilator zu schlafen. Wir saßen vor dem Haus und haben auf die Rückkehr des Stroms gewartet. Das ist eine große Belastung für die Menschen. Die Kinder gehen am nächsten Tag nicht in die Schule, wenn der Strom in der Nacht ausgefallen ist. Eine Mittagsversorgung gibt es seit längerer Zeit nicht mehr in der Schule. Das bedeutet, dass die Kinder nur am Vormittag in der Schule sind. Ich kann nicht beurteilen, welche Auswirkungen das auf die Bildung der Kinder hat.

Es hat mich sehr gefreut, wie schön die Kinder miteinander spielen und umgehen. Alle treffen sich auf der Straße und spielen – größere und kleinere – egal. Ich hatte den Kindern Buntstifte, Klebestift und Papier mitgebracht. Im Garten wurden Tisch und Stühle aufgestellt und stundenlang gebastelt und gemalt.

Trotz Benzinknappheit hat alles mit meinen Transport vom und zum Flughafen geklappt. Diese eine Woche war für mich wie immer voller Emotionen, Erkenntnisse und Erlebnisse. Ich komme wieder – auch wenn es manchmal schwierig ist.
 
Schön geschrieben, treffend beschrieben. Das Dilemma nicht allen helfen können, habe ich für mich gelöst, indem ich der mir nahestehendsten Person die Entscheidung über Hilfe und Notwendigkeiten vor Ort überlassen habe.
 
Katy, ich kann das sehr gut verstehen!
Auch ich "versorge" mittlerweile drei Familien mit Dingen, die ich mitbringe und nach dem letzten Urlaub kommt wohl noch eine Familie hinzu... wenn ich dann mal wieder hinfliegen sollte. Könnte doch jetzt nicht für den ein oder anderen nichts dabei haben.
Für mich gilt auch weiterhin: Geben ist seliger denn Nehmen - Martin Luther
Und im Grunde nehme ich aus jedem Kuba Aufenthalt jede Menge mit, die man nicht im Koffer unterbringen kann, die Dinge, die mein Herz berühren.

Finde es gut, dass du es in den Familien angesprochen hast - das ist sonst eine allzu große Last für dich selber.
 
Hallo Katy, da hast Du ein sehr pikantes Thema aufgegriffen, was mich selbst auch etwas in Zwiespalt bringt. Meine Frau und ich haben für Ende Januar auch einen Flug nach Kuba gebucht. Wir besuchen als Erstes einen Bekannten vom letzten Kubabesuch, der in seiner Bescheidenheit lediglich um Milchpulver gebeten hat, was für uns natürlich kein Problem sein sollte, es mitzubringen. Persönlich wollte er für sich nichts haben, hat uns aber darum gebeten für unser Frühstück (er ist selbst Casabetreiber) haltbare Lebensmittel mitzubringen. Da muss ich erstmal checken, was wir überhaupt einführen dürfen. Da wäre ich im Übrigen dankbar für Tips, hier aus dem Forum. Nun umtreibt es mich aber immer mehr, wenn ich lese dass die Einheimischen selbst kaum etwas zu Essen haben und ich als Individualtourist dort ins Restaurant gehe und mich bedienen lasse. Ich könnte ja auch in den Casas zu Abend essen, um den Leuten wenigstens etwas Gutes zu tun, aber wenn ich lese, dass es kaum etwas gibt, komme ich doch schon ins grübeln.
 
Es ist traurig – aber der Neid ist riesig.
Grossen Neid kannte ich bisher nicht aus Kuba, aber am besten gibst du alles der dona de casa und die soll es verwalten.
Sachgegenstände bringe ich nur sehr sehr wenig mit, denn mit USD effectivo kann man in Cuba fast alles bekommen.
 
Grossen Neid kannte ich bisher nicht aus Kuba, aber am besten gibst du alles der dona de casa und die soll es verwalten.
Sachgegenstände bringe ich nur sehr sehr wenig mit, denn mit USD effectivo kann man in Cuba fast alles bekommen.
Das wird gut versteckt hinter den freundlichen Masken für den Ausländer. Ist aber eine Überlebensstrategie, wie so viele andere Verhaltensweisen, die für uns erst einmal völlig fremd sind.
 
Geben ist seliger denn Nehmen - Martin Luther
Das stammt aus der Bibel (Apostelgeschichte 20,35) und wird dort Jesus zugeschrieben:

„Ich habe euch in allem gezeigt, dass man so arbeiten und sich der Schwachen annehmen muss im Gedenken an das Wort des Herrn Jesus, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als nehmen.“

Luther hat die Bibel „nur“ übersetzt.
 
gracias Katy für Deinen sehr persönlichen emotionalen und treffenden Reisebericht (in welchem Teil von Kuba warst Du eigentlich?); envidia (Neid) en todo Cuba es gratis; schlimm wenn zwischen (entzweiten) Familienmitgliedern, sehr häufig unter Nachbarn; Transparenz ist eine mögliche Lösung; auch mal "nein" sagen zu immer mehr Wünschen für mich eine Option; manche Kubaner sind wie kleine Kinder, man muss ihnen Grenzen setzen, sonst werden sie immer fordernder; saludos aus der Provinz Havanna, derzeit mit Starkregen, nosanto
 
Sehr einfühlsame Stituations Beschreibung. Helfen ist wichtig und schön. Und befriedigt. Aber es wird nie für Alle reichen. Und nicht für immer.
Aus dem Dilema gibt keinen leichten Ausweg. Mein Traum ist, das Diane, die Mutter von Nicole, irgendwann einmal auf eigenen Füßen steht. Das passiert vielleicht nie. 60 Jahre Revolution haben viele Fertigkeiten, verkümmern lassen.
Lebensmittel müssten nicht knapp sein. 2/3 der Landwirtschaftlichen Fläche werden nicht bewirtschaftet. Ich sehe ja in meiner Familie, wie schwer diese Leute sich damit tun, sich selbst zu versorgen. Aber ich bin porfiado, und werde nie aufhören, meine Leute dazu zu drängen, sich etwas aufzubauen.
 
Es hat mich sehr gefreut, wie schön die Kinder miteinander spielen und umgehen. Alle treffen sich auf der Straße und spielen – größere und kleinere – egal. Ich hatte den Kindern Buntstifte, Klebestift und Papier mitgebracht. Im Garten wurden Tisch und Stühle aufgestellt und stundenlang gebastelt und gemalt.
ja, die können noch spielen

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