Es gibt sicherlich Beispiele dafür, ich werde in meinem Archiv nachsehen
In dem insgesamt scheinbar recht gut recherchierten Artikel der BBC (allerdings auch: "the small Cuban city of Camagüey") geht es hauptsächlich um die sehr schlechten Bedingungen, die einzelne interviewte kubanische Ärztinnen und ein Arzt in Venezuela und Guatemala vorfanden und es wird teilweise das drastische Fehlverhalten der jeweils zuständigen Missions-Koordinatoren angeprangert.El mundo oculto de los médicos cubanos que son enviados a trabajar al extranjero - BBC News Mundo
Miles de doctores cubanos trabajan en misiones médicas internacionales. Aunque es un programa que ha tenido éxito en varias partes del mundo, algunos de ellos cuentan a la BBC que las condiciones en las que se encuentran son de pesadilla.www.bbc.comThe hidden world of the doctors Cuba sends overseas
Thousands of Cuban doctors work in healthcare missions around the world. Some medics say conditions can be nightmarish.www.bbc.comHas buscado misiones médicas • Prisoners Defenders
www.prisonersdefenders.org
Teilweise geht es auch um die schlechte Ausstattung der Kliniken in Venezuela ("working without sufficient medical equipment", "not have the right set of instruments", "there was no fuel for the generator"). Das kann man wohl kaum dem kubanischen Missionsprogramm anlasten.
Grundsätzlich ist das meiner Ansicht nach aber auch nicht mehr wert als die persönlichen Berichte von Dir oder mir bekannten Ärztinnen und Ärzten und anderen Missionaren. Der einzige Hinweis auf Druckausübung vor der Mission (was ja Deine von mir angezweifelte Aussage war) im BBC-Artikel ist die Referenz zum Bericht von "Cuban Prisoners Defenders" von 2019.
Cuban Prisoners Defenders hat dafür 46 anonyme kubanische "Missionare" befragt und die Aussagen von 64 anderen Missionaren aus öffentlichen Quellen ausgewertet. Da alle 46 Befragten bereits 2018 außerhalb Kubas lebten (nicht auf Mission!), halte ich die Befragung für alles andere als repräsentativ in Bezug auf alle kubanischen Missionsteilnehmer.
In Bezug auf die Freiwilligkeit der Mission werden nur die Aussagen der 46 anonym Befragten ausgewertet (siehe Seite 359 ff.). Laut des Reports gingen 57% der Befragten (also 26 von 46) gefühlt nicht freiwillig auf die Mission.
Bezüglich dieses "Drucks, ins Ausland geschickt zu werden", werden im Bericht nur zwei gefühlte Punkte angesprochen: erstens die Angst, gebrandmarkt zu sein, wenn man nicht auf Mission geht ("el temor a ser “marcados” negativamente si no acceden a ir a la misión") und zweitens die "moralische Schuld" dem Staat gegenüber für die kostenlose Ausbildung ("la “deuda de vida” que se les ha inculcado y exigido tienen con el Estado los profesionales cualificados por tener un sistema de educación superior subvencionado por el Estado"). Von einer "aktiven Druckausübung" kann also keine Rede sein. Beide Punkte dürften außerdem seit Jahrzehnten allen Medizinstudenten vor Beginn ihrer Ausbildung klar sein.
Es gibt bestimmt beim riesigen kubanischen Missionsprogramm kritikwürdige Punkte, schwarze Schafe und schlechte individuelle Erfahrungen. Ich bleibe dabei: unterm Strich halte ich es für eine gute Sache, eine der wenigen guten Ideen.
Es gibt höchstwahrscheinlich keine häufige ("oft") bzw. systematische aktive Druckausübung vor der Mission.