Allgemein zum Gebrauch:
Im gegenwärtigen Sprachgebrauch lassen sich grob zwei Verwendungsweisen des Begriffs I. unterscheiden: Zum einen wird I. und ideologisch abwertend gebraucht und bezeichnet falsches Bewusstsein, Verblendung etc. Zum anderen ist damit ein geschlossenes Weltbild gemeint, eine Weltanschauung, deren Vorhandensein man befürwortend, neutral oder ablehnend gegenüberstehen kann. Die Uneindeutigkeit des Begriffsgebrauchs hängt mit der Geschichte des Begriffs zusammen. Was sich aber jenseits historischer Genese und jeweiliger inhaltlicher Ausfüllung durchhält, ist der politisch-praktische Kontext, in dem der I.-Begriff steht: Er kennzeichnet im Allgemeinen eine Bewusstseinsrichtung oder Denkströmung, die sich auf die politische Praxis bezieht oder diese beeinflussen will.
Bewusstseinsrichtung, die sich auf politische Praxis bezieht! Hier stimmt schon das Folgende nicht bzw. verkürzt um den wesentlichen ZWECK der Verwendung von Ideologie:
Auggie Wren schrieb:
Zumindest ist er nicht mir der Beschreibung eines Firmenzwecks assoziiert.
Wie alles, was wir heute als rational bezeichnen, seine Durchsetzung in der Aufklärung fand, so auch der Ideologiebegriff. Seither hat er zahlreiche Wandlungen erfahren. Zunächst wendete er sich dezidiert gegen jede Mythologie und begründete somit das Zeitalter der "vernünftigen Argumente". Dies setzte sich politisch in der uns allen bekannten französischen Revolution um, deren klares politisches Ziel die Befreiung von jeglicher Fremdbestimmung war. Kirche, Monarchie, alle hierarchischen Systeme hatten ab jetzt keinen Platz mehr und wichen den Idealen der Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit.
An die Stelle metaphysischer Spekulationen, welche man der Weltfremdheit oder schlimmer noch der Herrschaftsstabilisierung bezichtigte („Priestertrug“), sollte der Ansatz an der menschlichen Sinnlichkeit treten. Das Denken erklärt sich aus der Wahrnehmung, das Physische ist die Ursache des Geistigen.
Die Idéologie stand nun für eine „Ideenlehre“, welche die Herkunft der Ideen aus ihren sinnlichen Ursachen erklären, Ideen ordnen und allen Begriffsverwirrungen, die aufgrund des Verkennens der physischen Basis des Denkens entstehen konnten, entgegenwirken sollte. Es entstand eine Schule der Idéologists, die sich dem aufklärerischen Projekt verschwor, die Menschen von ihren unerkannten Vorurteilen zu befreien.
Die neue "Ideenlehre" orientierte sich an Herrschaftskritik, aber auch an der Kraft der Sinne. Somit war der Ideologiebegriff damals positiv besetzt, denn er setzte auf logisches Denken, Vorurteilsfreiheit und die Erfahrung der Sinne.
Die Epoche des Napoleon überspringe ich, da er natürlich die damals herrschende Ideologie als Feind ansehen musste, die aufgrund der inhärenten Religions-, Herrschafts- und Hierarchiekritik seinen Kriegen nicht förderlich sein konnte. Er selbst präsentierte sich als wahrer Aufklärer, weshalb die Ideologie im napoleonischen Zeitalter erstmals eine negative Konnotation erfuhr.
Zu Marx:
Für K. Marx kann das Bewusstsein nur widerspiegeln, was es an gesellschaftlichen Realitäten vorfindet; mit Letzteren sind die Bedingungen der materiellen Produktion gemeint, die in der Marx’schen Theorie Sein wie Bewusstsein der Menschen bestimmen. Solange aber die falschen Verhältnisse herrschen, d. h. aufgrund des Privateigentums an den Produktionsmitteln Klassengesellschaften bestehen, in denen sich Besitzende und Lohnabhängige miteinander im Kampf befinden, spiegelt das Bewusstsein eben auch diese Falschheit wider. Die gesellschaftliche Spaltung, der Widerspruch zwischen den Interessen der Besitzenden und der Besitzlosen, äußert sich in einem gesellschaftlichen Überbau, der allein den Interessen der Herrschenden dient. Zum Überbau zählen der Staat, die Religion, das Recht, die Moral, die Wissenschaft etc., also jene geistigen und in der Folge auch politischen Phänomene, in denen sich der jeweilige Bewusstseinsstand der Menschen äußert.
Hier hake ich mal ein und kann behaupten, dass die benannten Marx'schen praktischen Prämissen von seiner theoretischen Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse (Das Kapital) getrennt werden müsssen. Erstere sind als Ideologie aus heutiger Sicht zu Recht angreifbar, bei der zweiten, der Analyse des Mechanismus der Kapitalakkumulation ist das nicht mal so einfach. Sie beansprucht unbestritten Gültigkeit in der Scientific Community bis heute, denn sie ist wissenschaftstheoretisch systematisch aufgebaut und als wissenschaftliche Analyse auch in dieser Zeit noch Maßstab und höchstaktuell.
Hintergrund: Marx wird häufig in seinen normativen Momenten verstanden, sein Werk "Das Kapital" ist dies hingegen nicht. So wird auch hier vermischt, was nicht zusammengehört.
Hier also sein Gedanke des Seins, dass das Bewusstsein bestimmt. Ist nicht aus der marx'schen Analyse, sondern es sind seine von ethisch-politischen Überlegungen getragenen Gedanken, die sich nicht zwingend aus seiner Analyse der Kapitalfunktion ergeben.
I. im Sinne eines falschen Bewusstseins ist nun der Glaube, jene geistigen Erzeugnisse hätten eine eigenständige Wirklichkeit, ja seien sogar in der Lage, die Wirklichkeit zu bestimmen. Doch d. i. eine Chimäre: Das gesellschaftliche Sein bestimmt das Bewusstsein, nicht umgekehrt. Zeichen ideologischer Verblendung ist es ebenfalls, den Klassencharakter der Überbau-Produkte zu verkennen und in ihnen ein allg.es Interesse zu vermuten. Tatsächlich larvieren sich in jenen geistigen Phänomenen nur Herrschaftsinteressen, und diese aufzudecken ist Aufgabe der I.-Kritik. Schuldhaft ist der Verblendungszusammenhang aber nicht, da er sich notwendig aus den verkehrten gesellschaftlichen Verhältnissen ergibt.
Standortgebundenheit ist das Stichwort der neueren Wissensoziologie. Sie sieht relativ klar, dass Ideologie eng mit Partikularinteressen verwandt ist. Hier werden nur wenige Wissenssoziologen genannt, unter ihnen aber Max Scheler und Karl Mannheim
Das Ideologische liegt nun v. a. darin, diese partikulare Weltsicht zu „hypostatieren“, ihr eine übergeordnete Wahrheit zuzuerkennen, ohne die eigene Standortgebundenheit zu registrieren. Hier muss die Wissenssoziologie aufklärerisch wirken. Sie muss die geistigen Gehalte auf ihre historischen und sozialen Bezüge zurückführen; das versteht K. Mannheim als „Relationismus“ im Unterschied zum „Relativismus“ (Mannheim 1929: 41). Der Relativismus-Vorwurf liegt insofern nahe, als schlechthin alles Denken als „ideologisch“ gekennzeichnet wird, einschließlich des eigenen, das, wie K. Mannheim konzediert, der Standortgebundenheit nicht entgeht. Den Relativismus überwinden helfen soll der Verweis auf einen historischen Gesamtsinn, in den sich die jeweils epochen- und gesellschaftsspezifischen Denkweisen einfügen. Ihn zu finden, ist Aufgabe der sozial „freischwebenden“
Intellektuellen. Damit ist einer Bewusstseinsavantgarde das Wort geredet, die noch bei jedem aufklärerischen Ansatz irgendwann in Erscheinung tritt-
Zur Wissensoziologie gehört ganz klar auch die Frankfurter Schule, die zumindest auf Wikipedia erwähnt wird. Ein Schule, die sich dem materialistischen Denken ohne Beschränkung durch ein politisches System hingibt. Gerade in Habermas/Adornos "Dialektik der Aufklärung" finden wir die Ideologie-, Massen- und Konsumkritik, die quasi direkt auf die Einflussnahme der USA und ihrer Geheimdienste zu übertragen ist, ohne dabei der Verfasstheit der politischen Systeme kommunistischer Staaten zuzustimmen. Das war nie Anliegen der Frankfurter Schule, also der Kritischen Theorie.
@Auggie Wren
Dir sollte klar geworden sein, dass Begriffe nicht deshalb beliebig sind, weil sie einer übel verkürzten Definition nicht entsprechen, sondern dass Begriffe im Laufe der Zeit neue Besetzungen erfahren und wissenschaftstheoretisch nicht in Stein gemeißelt werden können. Ich empfehle dir auch gerne die Lektüre von Thomas Kuhn: "Struktur wissenschaftlicher Revolutionen."
Du solltest wissen, dass ich der Wissenschaft, der Geistes- und Sozialwissenschaft entstamme und Ökonomie als Sozialwissenschaft begreife.
Ganz sicher kommt gleich die Frage nach dem Sinn des Exkurses. Mit der Herangehensweise, die ich, wie ich finde, für dich zutreffend formuliert habe, ist das auch gar nicht anders denkbar. Ich empfehle dir allerdings, ein wenig mehr zu tun, als gedankenlos dagegenzupinnen, immer dann, wenn dir irgendetwas passt oder auch nicht.
Und ganz sicher ist sowohl im materialistischen Sinne als auch in der Kritischen Theorie klar, dass die von dir zitierten Unternehmensberatungen sich eindeutig negativ ideologisch zu Kuba positionieren.
Das ist so unglaublich lang geworden, wäre ich ja jetzt fast fertig mit meiner Diss, lol. Das allerdings ist nicht ganz so einfach. ^^ Denke bitte einfach erst einmal nach, bevor du schreibst und unterstelle dir einfach selbst regelmäßig, dass du nichtm (!) die Wahrheit erfunden hast, die v.a. meist der Belege entbehrt. Damit wäre schon sehr geholfen. Der musste sein. Sorry.
Und jetzt bitte zurück zum Thema. Wollte das nicht so langatmig unterbrechen, war mir aber wichtig. Wobei dieser Exkurs immerhin auch nicht schaden kann.
Ich selbst würde gerne mehr Sachliches und Konkretes über die GAESA und ihre Verquickung mit dem Militär wissen, soweit zugänglich. Könnte
@CarpeDiem recht haben?
LG
PS.: In diesem langen Post sind alle möglichen Rechtschreibfehler natürlich nicht ausgeschlossen. Pardon...