Ich reiste 2014 mit meiner Frau per Taxi von Havanna nach Viñales, wo wir einige Tage wanderten. Die Vermieterin der Casa war mit Sicherheit keine Kommunistenfreundin. Sie sei eigentlich Zahnärztin, aber vom staatlichen Hungerlohn könnte sie nicht leben, darum verdiene sie ihren Lebensunterhalt lieber mit den Touristen. Wie sie die Covidkrise überstanden hat, weiss ich nicht, vielleicht hat sie ja wieder Zähne geflickt...
In Baracoa habe ich seit jener Reise eine "Tochter". Eine junge Vorschul-Lehrerin, die extrem früh heiratete und Mutter wurde. Der Junge ist jetzt 10, sie selbst 27. Sie wohnte damals mit ihrem Mann, ihrem kleinen Jungen, der Schwiegermutter und einem Schwager in einer wahrhaft elenden Holzhütte; alle schliefen im selben Raum. Da ihr Mann sie bald darauf mit ihrer Freundin betrog, musste sie ins Haus ihrer Grossmutter ziehen. Dort hatte sie auch ihre Kindheit verbracht; ihre Mutter, die in einem Parteibüro gearbeitet hatte, starb mit 37 wegen einer Thrombose-Fehlbehandlung, das Mädchen war 13. Ihr Vater hatte sich nie um sie gekümmert. Nun bin ich ihr "papi". Nachdem sie Zugang zum Internet hatte, konnten wir ab 2018 endlich regelmässigen Kontakt pflegen. Ich begann sie finanziell zu unterstützen. Als ich sie vor zwei Jahren wieder besuchte, hatte sie einen neuen Lebenspartner, der mit Fischfang (er hat keine eigenes Boot) zeitweise ein bisschen was verdient; mit ihm hat sie ein zweites Kind. Sie sagte, sie gebe von meinen Überweisungen nur wenig aus und spare auf ein eigenes Haus. Wenn die Grossmutter nämlich sterbe, müsse sie dort ausziehen, denn ihr gehöre nichts, auch nichts vom Haushalt. Im Sommer 2020 fand sie ein einfaches Steinhaus unweit von jenem ihrer Grossmutter. Ich ermöglichte ihr den Kauf und schickte ihr auch Geld für Möbel und Haushalt. Wie glücklich sie darob ist, kann man sich leicht vorstellen. Nun kommt aber ein neuer Schlag: Ihrem Partner wurde von einem USA-Verwandten die Reise über Nicaragua in die USA finanziert; im März reist er ab. Sie rechnet nicht damit, ihn jemals wieder zu sehen, obwohl sie hofft, dass er wenigstens sein Töchterchen nicht vergisst. Ich hatte geplant, meine "Tochter" spätestens im März dieses Jahres wieder zu besuchen. Aber in meinem Alter (75) sind mir die Strapazen einer solchen Reise zu viel, insbesondere unter den derzeitigen miesen Umständen aller Art. Ich hoffe aber sehr, dass sich die Verhältnisse bis nächsten Winter bessern.