Das offizielle Kubaforum

Werde auch Du Teil der deutschsprachigen Kuba-Community. Die Anmeldung ist absolut kostenfrei und in wenigen Augenblicken abgeschlossen. Direkt danach bist Du in der Lage, eigene Themen zu erstellen oder auf bestehende zu antworten, sowie Dich mit anderen Mitgliedern zu verbinden.
Sei dabei. Wir freuen uns auf Dich!

Was wäre wenn ...

Chris

Moderator
Teammitglied
Registriert
26 Juni 2011
Beiträge
3.225
Punkte Reaktionen
3.613
Ort
Habana Vieja, Ciudad De La Habana, Cuba, Cuba
... es kein US-Embargo gäbe? Mich würde Eure Meinung interessieren, was in diesem Fall passieren würde. Wenn die USA sich einfach politisch zurückziehen würden, keine Strafen für Länder oder Firmen/Organisationen die mit Kuba handeln wollen, keine Reiseverbote für US-Amerikaner, freier Handel auch für US-Unternehmen. Wie sähe das Ergebnis wohl aus, was würde auf Kuba passieren?
 
Was auf Kuba passieren würde? Keiner Ahnung.
Aber ich würde sagen, das würde eher davon abhängen, wie Kuba reagiert, - wer in Kuba sagt wie es wo langzugehen hat.

Wenn die nicht sofort alles öffnen würden und versuchen würden, eins der Systeme zu übernehmen, die etabliert sind auf dieser schönen Erde, dann könnte es interessant werden.
Sprich: wenn man es Kuba erlauben würde, sich selbst dahingehend zu entwickeln, wie man es haben will, statt eins zu eins zu übernehmen, was die Systeme vorgeben, dann kann man nicht vorhersagen, was passieren wird - weil es das nämlich noch nie gab (meine Meinung - ich kann falsch liegen, okay?).

Ich glaube, man kann nicht sagen, was passieren wird, wenn Kuba in der Lage wäre, einen eigenen Weg zu gehen, nicht nachzumachen, was woanders bereits mehr oder weniger erfolgreich praktiziert wurde. Und ich weiss noch nicht mal, ob ich das für eine gute Idee halte oder nicht, was ich da eben gedacht und geschrieben habe, weil es nämlich nur Gedanken sind.
Und ich gestehe, daß ich kein Fan bin, wenn man irgendwo mal ein noch unbekanntes Experiment mit ein paar Millionen Leuten macht.
Sagen wir mal so: bevor ich das probieren würde, müsste ein Konsens her - und zwar ein breit angelegter, bei dem die Leute mitreden dürfen. Und ich sagte KONSENS, nicht Kompromiss, ja?

Habe ich mich jetzt verständlich ausgedrückt?
 
... es kein US-Embargo gäbe? Mich würde Eure Meinung interessieren, was in diesem Fall passieren würde. Wenn die USA sich einfach politisch zurückziehen würden, keine Strafen für Länder oder Firmen/Organisationen die mit Kuba handeln wollen, keine Reiseverbote für US-Amerikaner, freier Handel auch für US-Unternehmen. Wie sähe das Ergebnis wohl aus, was würde auf Kuba passieren?
Erstens ist wohl die Frage was da in welchem Zeitrahmen das vor sich gehen würde. Von heute auf morgen geht da gar nix.

Ein bisschen war es ja schon unter Obama zu spüren und das könnte man wohl weiterspinnen. Als da waren an Änderungen welche ich / Familie in Havanna (Campo und andere Regionen kann ich nicht direkt evaluieren): Zwei große waren – Kreuzfahrtschiffe und deren Inhalte, welche sich über (hauptsächlich, aber nicht nur) La Habana Vieja ergossen, damit verbunden teilweise chaotische Zustände und im Verhältnis wenig Geld für das Land, da einfach durchgeroutet. Was als mögliche Wiederkommer davon übrigbleibt, kann ich kaum beurteilen. US-Amerikaner ankommend an ihrem Terminal am Fluhafen Havanna. In Havanna hauptsächlich bemerkbar in Rum- und Zigarrengeschäften. Kann aber natürlich leicht sein, daß sich da Exilkubaner vielfach unsichtbar machten weil sie sich zu ihren Familien verkrümelten. Als Folge der Änderungen sind jede Menge Casa Particulares und Paladares aus dem Boden geschossen (viele verschwanden aber auch schnell wieder).

So, und jetzt zu möglichen weiteren Entwicklungen: Da wäre mal der Geldverkehr zu erwähnen, der zwar nicht unmittelbar im Embargo ist, aber oftmals mehr behindert als dasselbe. Wenn der geöffnet wäre, würden viele mögliche Investoren weltweit bedeutend mehr Interesse zeigen, da dann eben hier Sicherheit besteht, also auch über Embargorücknahmen mehr Möglichkeiten eröffnet würden. In, sagen wir mal so, beiderseitigen Interesse wären wohl auch Zollthemen anzugehen um hier möglichst für beide Seiten (CU und US) attraktive Geschäfte zu ermöglichen. Jetzt kommen wir auch langsam zu den Gefahren: Da kann es natürlich dazu kommen, daß die USA Kuba über den Tisch ziehen wollen (ist eine übliche Vorgehensweise, ganz spezifisch auch in anderen Lateinamerikanischen Ländern). Mariel könnte zu einer Zentralamerikanischen Drehscheibe werden (was immer das bedeuted). McDonalds an jeder Ecke (bäh), keine Umwelt- und Sozialstandards mehr… und natürlich viel zu viele Touristen, die alles (siehe auch Europa – Venedig, Cote d’Azur, et al) für sich vereinnahmen. Ist zwar dann für Dich, Chris, ein reines Schlaraffenland (sorry für die Simplifizierung ;)), aber ob eben für alle KubanerInnen? Städte und Campo - was passiert da überall mit möglichen Vor- und Nachteilen (Campo gilt jedes Thema für beides aus Sicht einerseits Umweltschutz andererseits Ziel Selbstversorgung und mehr Ertrag). Zu erwarten wäre wohl (aber hier fragt sich, wer wird dann wohl wie auf Kuba regieren) ein Aufgehen der Schere zwischen Arm und Reich...

Last, but not least - was wird aus den jetzt guten Beziehungen mit China und Russland (und einige andere Anti-US Länder) und den bereits eingegangenen Verpflichtungen / Verflechtungen?
 
Jetzt kommen wir auch langsam zu den Gefahren: Da kann es natürlich dazu kommen, daß die USA Kuba über den Tisch ziehen wollen (ist eine übliche Vorgehensweise, ganz spezifisch auch in anderen Lateinamerikanischen Ländern).

KANN? Ich will ja nicht der böse Uhu sein und nur alles schlecht reden, aber ich vermute, es WIRD genau dazu kommen.
Das war nicht nur in Mittelamerika so, man denke nur an den Osten Deutschlands. Wurde übernommen und miternährt, da ist nicht allzuviel aufgebaut worden, leider. Oder, um es salopp zu sagen: die wurden über den Tisch gezogen.
Nur war das damals noch nicht mal die schlechteste Variante, weil es nämlich noch soziale Marktwirtschaft war, was da abging. Und davon ist heute eher nicht mehr viel übrig (meine Meinung).

Und wie weiter jetzt? Naja, Du sagst es indirekt: nämlich vermeiden, was bereits woanders nicht so toll funktioniert hat, - damit man eben nicht einen Mac an jeder Ecke hat oder schreckliche Kreuzfahrtsschiffe, deren Passagiere wie Heuschreckenschwärme über das Land herfallen.
Es liegt jetzt einfach an Kuba, wenn die Sanktionen fallen würden, was sie wie zulassen und öffnen etc.

Ich würde versuchen, die Voraussetzungen zu schaffen, für die Richtung, in die ich das ganze gern laufen hätte. Und dann würde ich mal schauen, wohin sich das entwickelt. Und ich würde dort blockieren/regulieren, wo es ausufert.
Und nein, ich habe keine Ahnung, wie man das macht - aber machbar ist es sicher.
Beispiel: riesigen Grundbesitz von einigen wenigen vermeiden, aber vielen kleineren Bauern gute Bedinungen bieten. Dito in der Industrie - kleine Gewerbe erlauben, grosse Monopole kontrollieren bzw. nicht gestatten.
Aber DAS mach mal, wenn die halbe Welt nur einigen wenigen gehört, die leider nicht dafür bekannt sind, gern und freudig selbstlos zu teilen. Ich denke, da darf man mit gewaltigen Widerstand rechnen.
 
Ich fände es interessant zu sehen, ob so ein soziales Modell (so war das ja mal angedacht worden in Kuba) funktionieren könnte wenn es keine politischen Einschränkungen von aussen gäbe. Ich gehe überein mit 2Raben, dass man dazu zwar mehr Privatinitiative wagen müsste, allerdings mit sozialen Vorgaben. Die grosse Gefahr sehe ich darin, dass es bei den Mächtigen der Welt gar nicht gewünscht wäre, denn es würde bedeuten, dass es eine Alternative zu ihnen gäbe! Auch deswegen werden ja derart progressive Systeme bekämpft und wo möglich weggeputscht (die Liste der Länder ist ellenlang denen es so ging) ...
 
Besser kann man es gar nicht ausdrücken, Chris.

Die Alternative ist exakt der Punkt, wo das Ganze dann richtig schön deutlich wird.
Warum gibt es denn all die Sanktionen? Doch ja wohl nicht, weil man irgendeinem armen Schwein irgendwo in der Welt helfen will. Wer das noch glaubt, der glaubt auch an den Osterhasen.
Nein, Sanktionen werden verhängt, um Alternativen zu bekämpfen die einem nicht in den Kram/ins System passen.

Also doch einen Versuch wagen? Ich würde es tun, aber ich bleibe dabei, daß ich das nicht installieren würde "von oben" nach dem Motto: jetzt isses so, sondern ich würde versuchen Voraussetzuingen zu schaffen, für das, was ich erreichen möchte. Und dann sollte man eigentlich sehen können, was und wie sich etwas entwickelt.

Was ich nicht tun würde, ist das Alte jetzt komplett demolieren und dann das Neue aufzwingen. Das wird meiner Meinung nach nicht nur nichts, sondern das richtet unheimlich Schaden an, um das mal harmlos auszudrücken.
Nehmen wir mal den Zahnarzt als Beispiel:
Mann kann nicht erst alle Zähne ziehen und dann über das Gebiss nachdenken. Im Gegenteil, Gebiss ist die letzte Variante, vorher retten wir die guten Zähne, sanieren, wo was geht, und wenn nötig, kommen ein paar raus, werden ersetzt oder überkront oder was auch immer.

Tja, wie gesagt, ich bin kein Experte, aber EINEN Rat würde ich den Damen und Herren Weltenrettern und Weltenlenkern mal geben: Kommt mal alle zurück in die Realität. Die leben in einer Parallelwelt, in einer "Realität", die irgendwo nicht existiert. Alles Schreibtischtäter, hochstudiert, kluge Köpfe, aber total unfähig, im normalen Leben die Probleme zu meistern. Und der neue Hype Digitalisierung macht die Sache nur noch schlechter. Damit entfernt man sich noch mehr von der Realität, statt die Technik als Hilfsmittel/Werkzeug in der Realität zu nutzen.
Klingt dämlich, aber ist für meine Begriffe ein riesiges Problem.
 
Also vieles oben würde ich als interessante Theorie sehen, aber halt nicht mehr - sorry.
Ist alles sehr Ideologielastig und hat - nochmal sorry - mit den handelnden Personen und Entscheidungsträgern auf den vielen Seiten nicht viel zu tun. Da sind halt mal Interessen zu vertreten und da ist das Hemd näher. Chris, Du kennst wohl die handelnden Personen der kubanischen Regierung am Besten - mit diesem Wissen glaubst Du, daß das was Du angedeuted hast auch realisiert wird? Und da schreibe ich noch nicht mal über die dann ja wohl demokratisch wählenden KubanerInnen, denen oftmals das Mobiltelefon (oder auch nur die tägliche Portion arroz) wichtiger ist als ein gerechtes (was wäre das?) Steuersystem?
Und da habe ich diesmal US-Interessen, EU-Interessesn, Kanada, China, Russland und nicht zu vergessen lateinamerikanische Nachbarn und deren Vielfalt anskizziert.
Gerne werde ich eines besseren belehrt ;)
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Genau, Caney! Auch ich habe da nur Theorie geschrieben, aber ich weiss immerhin, daß es zur Theorie noch die Praxis braucht; daß es nur funktioniert, wenn die Leute an der Basis, die jetzt schon das System/das Ganze tragen und am Laufen halten, nicht noch plattgemacht werden.
Das, was jetzt ordentlich oder einigermassen funktioniert, das muss bessere Voraussetzungen/Möglichkeiten bekommen. Denn das ist Realität, und zwar eine, die klappt.
Das haben wir im Osten Dtl. gut sehen können, dort hat man private Initiative tot gemacht, die Basis zerstört, die Dümmsten sind die Chefs geworden, (immer schön die Champignon-Methode anwenden: sobald ein helles Köpfchen hochkommt, - ---- sofort abschneiden) und als auch der Letzte Willige nicht mehr wollte, ging es rasant bergab.
Daher gab es ja auch immer so schöne Wortschöpfungen wie "real existierenden Sozialismus" usw ... ;) Da konnte man so richtig krass sehen, wie das theoretisch gehen sollte und in der Praxis eben NIE funktionierte.
Daher sage ich eben immer wieder: man kann diese Ideen nicht so einfach mal zwangsweise installieren. Das ist ein Prozess, wenn man etwas Neues möchte, - das muss sich entwickeln. Und dafür kann man höchstens versuchen, die Voraussetzungen zu schaffen. Ob es dann klappt - das wird man sehen.

Und da sind wir wieder bei den handelnden Personen angelangt, und ich kann nur zustimmen: die haben alle Interessen. Und nicht nur diese im eigenen Land haben Interessen, sondern auch die, die von ausserhalb Einfluss haben, haben Interessen.
Es gibt und gab nur wenige Menschen in Verantwortung, denen das Hemd eben nicht näher war, als die Hose.
Es darf sich das Land glücklich schätzen, das davon ein paar besitzt, am besten noch, wenn die was zu sagen haben.
 
Also vieles oben würde ich als interessante Theorie sehen, aber halt nicht mehr - sorry.
Natürlich ist das eine zutiefst theoretische Diskussion, schon allein weil ich davon ausgehe, dass sich die Reichen dieser Welt niemals von den Armen die Butter vom Brot werden nehmen lassen!
Da sind halt mal Interessen zu vertreten und da ist das Hemd näher. Chirs, Du kennst wohl die handelnden Personen der kubanischen Regierung am Besten - mit diesem Wissen glaubst Du, daß das was Du angedeuted hast auch realisiert wird?
Ja, ich kenne da so einige persönlich, angefangen bei Marrero, mit dem wir bei avenTOURa Anfang der 2000er Jahre als er noch bei Gaviota war oft zusammensassen und die Verträge abgeschlossen hatten! Da meine Mutter in den 80er und 90er Jahren ja in der bayerischen Politik tätig war kann ich da auch einiges an Parallelen ziehen zwischen Politikern in Deutschland und in Kuba, und zwar durch die Bank der verschiedenen Parteien.
Auch wenn das aberwitzig klingen mag, aber die deutsche Politik ist - in meinen Augen - je höher man kommt weniger sozial eingestellt als die kubanische! Ich habe ja nun auch schon meine Jährchen auf dem Buckel, habe den kalten Krieg, Wandel durch Annäherung, den Mauerfall und die darauf folgende neue Polarisierung der Welt mitbekommen.

Bei Kuba darf man nicht vergessen, dass hier ein höchst interessantes soziales Projekt von Anfang an sabotiert wurde. Während wir Deutsche natürlich den US-Amerikaner immer als Befreier - und somit sehr positiv - gesehen haben, war das aus lateinamerikanischer Perspektive anders. Hier stand USA für Rassentrennung, Turbokapitalismus, Militärputsche und Leben auf Kosten der Armen! Das sollte man nicht ausser Acht lassen. Und wenn man eine Vielzahl an Kubanern frägt wann sie denn relativ zufrieden waren in ihrem Leben, dann waren das die siebziger und achtziger Jahre, also vor dem Zusammenbruch des Ostblockes.

Wenn denn die wirtschaftlichen Umstände besser wären, würde ich in Kenntnis der handelnden Personen, den hiesigen Politikern durchaus mehr soziale Kompetenz zutrauen als westlichen Neoliberalen. Und wenn man nicht agressiv von aussen bekämpft würde (z.B. von den USA) sähe ich hier durchaus Möglichkeiten zur Entstehung eines alternativen Modells. Interessant ist hierzu ja die Entwicklung in Südamerika, da haben die neoliberalen Modelle (Ecuador, Argentinien, Brasilien, Bolivien) aus meiner Sicht wunderbar gezeigt, dass sie es - trotz westlicher Wirtschaftshilfe - eben nicht können! Eine wirtschaftliche Entwicklung in Kuba wie z.B. in Bolivien unter der MAS, oder in Ecuador unter Correa halte ich durchaus geeignet als mögliches Modell für Kuba, auch wenn es da natürlich viele landesbedingte Unterschiede gibt. Gerade des Bolivien der letzten zehn Jahre unter Morales hat gezeigt, zuwas arme Länder fähig sind, trotz sozialer Politik!

Saludos aus Havanna
Chris
 
Danke Euch,

@2Raben - ja Ostdeutschland ist vielleicht auch ein Land, wo man im Vergleich hinschauen kann. Wobei natürlich Westdeutschland und dessen, ich denke mal, sowohl positiver wie negativer Einfluss natürlich die gesamte Situation etwas verzerrt. Und vorher waren die Regimes im Wettstreit und die Situration war sowieso im kalten Krieg auch etwas anderes.

@Chris - daß es Chancen gibt, will ich nicht abstreiten und auch, daß es wohl durchaus auch im derzeitgen Regime gute Leute gibt ebenfalls. Auch etliche Errungenschaften (besonders unter den Repressalien) sind bewundernswert und vielleicht giebt es eine Fortsetzun, wie ich schrieb - ich lasse mich gerne eines besseren belehren. Aber es gibt wohl durchaus auch die Seite der Korruption, und die ist wohl Angeboten aus einem Turbokapitalismus unter Umständen nicht abgeneigt.

Schau ma mal und Daumendrück nach Kuba :)
 
Zurück
Oben