Jose Ramon
Kuba, meine zweite Heimat
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Schaufensterbummel über die Enramada. Es ist wirklich faszinierend – was es alles nicht gibt. In der weitgehend leeren Spielwarenhandlung liegt eine der Verkäuferinnen ganz hinten vor dem Verkaufstresen und hält sich den Bauch. Eine andere redet auf die Schwangere ein. Im California sind die Schaufenster leer, am besten die Situation Kubas verkündend. Vor dem MLC-Laden steht eine Schlange. Dann sind mit einem mal die Menschen, die Auslagen und die Geschäfte verschwunden. Ich stehe im Dunkeln. In völliger Dunkelheit, in der man tatsächlich die Hand vor Augen nicht sieht. Ein Aufschrei der Empörung halt noch kurz. Dann haben die ersten die Lampen ihrer Handy angeschalten und tasten sich so ihren Weg.
Pech für mich, dass ich mein Handy aus Sicherheitsgründen zu Hause gelassen habe - die Dame des Hauses hatte mir dazu geraten. Zum Glück ist es nicht mehr weit. Die Straße hoch, die nächste links und dann wieder rechts. Und die Straße ist intakt, soweit ich mich erinnere. Ich gehe auch nicht davon aus, dass ein Ausländer bei völliger Dunkelheit als solcher erkannt wird. Erstaunlicherweise glimmt etwa in der Hälfte der Straße, in der unser Haus steht, eine Straßenlampe rötlich, hängt wohl mit der dort ansässigen Behörde zusammen.
Im Haus wird mir eine Akkulampe in die Hand gedrückt, damit ich meine Solarlampe suchen kann. Die funktioniert sogar, sodass ich die Treppe auf die Terrasse heraufsteige und mir Santiago bei Dunkelheit anschaue. Nur jenseits der Bucht, wo die Chinesen ihren Umschlagplatz gebaut haben, ist es hell. Dafür breitet sich über der Stadt ein Sternenhimmel aus, wie ich ihn lange nicht mehr gesehen habe.
Es ist die einzige Nacht, in der ich diese Dunkelheit erlebe. Zwar fällt noch öfters abends der Strom unabgekündigt aus, aber da brennt trotzdem in den Häusern das Licht, weil viele Familien Akkulampen oder Stromaggregate besitzen. Warum dass in der einen Nacht anders war – ich habe keine Ahnung.
Wie überhaupt diesmal alles anders ist. Während ich einer Bekannten noch schimpfend erkläre, man könne nirgends mehr an der Alameida ein Bier trinken, führt die mich einfach in die Hausbrauerei. Und die hat tatsächlich offen, sogar die Schlange ist erträglich. Die zwei Tage zuvor war sie aber dicht, das Rollgitter unten, sodass ich hier jedem im Forum versichert hätte, dass die zu haben, und die nächsten zwei Tage ist auch wieder zu. An dem ersten, weil am Vortag das Bier weggesoffen wurde (mit meiner tatkräftigen Unterstützung) und am zweiten regulärer Ruhetag war. Das Bier kostet 70 Peso, humaner ist es nur auf dem Flughafen in Holguin, wo laut Anschlagtafel 17 MN für den Plastikbecher berechnet werden, allerdings nur bei Verzehr eines kompletten Menues und nur maximal vier Bier pro Person. Am Hafen kann man Bier trinken, bis zum Umkippen, und da ich aufrunde, ist die Bedienung stets schnell mit Nachschub da. Das Essen ist auch in Ordnung, ich könnte also ein Loblied auf Kuba singen, wäre es die anderen Tage auch so.
Sind sie aber nicht. Da es nichts gibt, muss ich die Notration angreifen. Suppen und Spaghetti aus dem von Condor beförderten Spendengepäck. Tomatenpüree in der Plastetüte verkauft ein Grüppchen Mitarbeiter irgendeines Restaurantes, die auf der Enramada damit abwärts liefen. Werde mehrfach darauf angesprochen.
Die nächsten Tage führe ich immer eine Spaghetti-Packung mit, wenn ich unterwegs bin und die Weihnachtsgeschenke abliefere. So schlage ich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Ich beschäme die Familien nicht, weil sie mir nichts anbieten können, ich lasse mich bekochen und erfahre dabei Neuigkeiten und die Familie kann davon auch noch am nächsten Tag essen.
Nach drei Tage habe ich auch eine neue Rumquelle angezapft. Die Anderthalbliterflasche kostet 800 MN, zuvor habe ich mich bei mehreren Schwarzverkäufern durchgekostet. Cola gibt es in den Garagengeschäften, Limonen kriege ich geschenkt, die Eiswürfelschalen entdecke ich im Küchenschrank. Schaukelnd versinke ich im Suff, dass der Strom sich auch verabschiedet hat, merke ich, als ich aufwache und es um mich herum dunkel ist. Dabei ist es noch nicht einmal sechs Uhr abends.
Zum spartanischen Leben gehört auch die nichtfunktioniernde Dusche, wie überhaupt das ganze Haus in einem Zwischenzustand zwischen fortwährendem Verfall und allmählicher Sanierung befindet, wobei mir unklar ist, in welche Richtung sich das Pendel bewegt. So ist zwar inzwischen das Dach dicht, aber die Balken sind nicht ausgetauscht, also alles nur ein Provisorium. Geduscht wird jedenfalls mit Krug und lauwarmen Wasser aus dem Hahn am Waschbecken. Ansonsten zahlt sich die Vorratswirtschaft aus: Mein Lager ist noch gut gefüllt mit Seife, Klopapier, Duschgel, Zahncreme, nur die Sonnencreme ist weg, sodass ich einiges des aktuell Mitgebrachten verteilen kann.
Der Nachbar jammert. Seine Enkelin ist mit dem fünfmonatigen Kind über Nicaragua in die USA geflüchtet. Und in Kuba sei alles furchtbar. Am Furchtbarsten sei aber ich, wo ich doch Rum habe und ihm nichts abgebe. Hat eine feine Witterung, der Herr Nachbar. Den die beide Tage zuvor, als ich noch auf dem Trockenen saß, hat er sich nicht bemerkbar gemacht. Ich reiche ihm einen Becher, aber durch die Gitterstäbe des Vordereingangs, weil sonst in einer Stunde die Flasche leer wäre und ich keine Lust verspüre, schon wieder in die Spur zu gehen.
Am vierten Tag will ich in den Pool. Da es alleine keinen Spaß macht, lade ich eine Bekannte mit ihrer kleinen Tochter ein. Sie soll aber zuvor abklären, ob das Hotel Las America wieder Straßengäste aufnimmt. Tue es, sagt die Bekannte. Ja, sie habe angerufen. Am nächsten Tag ist sie zwar pünktlich und sogar vor mir vor dem Hoteleingang, aber es werden eben keine Straßengäste aufgenommen. Die Bekannte räumt kleinlaut ein, lediglich einen Bekannten gefragt zu haben, der versichert habe, der Pool sei nicht nur für Hotelgäste offen. Ich ärgere mich in erster Linie über mich. Genau dem hätte ich entgehen können, in dem ich selber angerufen hätte. Und einmieten kann man sich auch nicht, es sei alles ausgebucht, werde ich beschieden. Also versuche ich es eine Preisklasse höher, im Hotel Santiago. Dort ist man tatsächlich für Straßengäste offen. Allerdings funktioniert meine Kreditkarte nicht und Euros und Pesos werden nicht akzeptiert.
Pech für mich, dass ich mein Handy aus Sicherheitsgründen zu Hause gelassen habe - die Dame des Hauses hatte mir dazu geraten. Zum Glück ist es nicht mehr weit. Die Straße hoch, die nächste links und dann wieder rechts. Und die Straße ist intakt, soweit ich mich erinnere. Ich gehe auch nicht davon aus, dass ein Ausländer bei völliger Dunkelheit als solcher erkannt wird. Erstaunlicherweise glimmt etwa in der Hälfte der Straße, in der unser Haus steht, eine Straßenlampe rötlich, hängt wohl mit der dort ansässigen Behörde zusammen.
Im Haus wird mir eine Akkulampe in die Hand gedrückt, damit ich meine Solarlampe suchen kann. Die funktioniert sogar, sodass ich die Treppe auf die Terrasse heraufsteige und mir Santiago bei Dunkelheit anschaue. Nur jenseits der Bucht, wo die Chinesen ihren Umschlagplatz gebaut haben, ist es hell. Dafür breitet sich über der Stadt ein Sternenhimmel aus, wie ich ihn lange nicht mehr gesehen habe.
Es ist die einzige Nacht, in der ich diese Dunkelheit erlebe. Zwar fällt noch öfters abends der Strom unabgekündigt aus, aber da brennt trotzdem in den Häusern das Licht, weil viele Familien Akkulampen oder Stromaggregate besitzen. Warum dass in der einen Nacht anders war – ich habe keine Ahnung.
Wie überhaupt diesmal alles anders ist. Während ich einer Bekannten noch schimpfend erkläre, man könne nirgends mehr an der Alameida ein Bier trinken, führt die mich einfach in die Hausbrauerei. Und die hat tatsächlich offen, sogar die Schlange ist erträglich. Die zwei Tage zuvor war sie aber dicht, das Rollgitter unten, sodass ich hier jedem im Forum versichert hätte, dass die zu haben, und die nächsten zwei Tage ist auch wieder zu. An dem ersten, weil am Vortag das Bier weggesoffen wurde (mit meiner tatkräftigen Unterstützung) und am zweiten regulärer Ruhetag war. Das Bier kostet 70 Peso, humaner ist es nur auf dem Flughafen in Holguin, wo laut Anschlagtafel 17 MN für den Plastikbecher berechnet werden, allerdings nur bei Verzehr eines kompletten Menues und nur maximal vier Bier pro Person. Am Hafen kann man Bier trinken, bis zum Umkippen, und da ich aufrunde, ist die Bedienung stets schnell mit Nachschub da. Das Essen ist auch in Ordnung, ich könnte also ein Loblied auf Kuba singen, wäre es die anderen Tage auch so.
Sind sie aber nicht. Da es nichts gibt, muss ich die Notration angreifen. Suppen und Spaghetti aus dem von Condor beförderten Spendengepäck. Tomatenpüree in der Plastetüte verkauft ein Grüppchen Mitarbeiter irgendeines Restaurantes, die auf der Enramada damit abwärts liefen. Werde mehrfach darauf angesprochen.
Die nächsten Tage führe ich immer eine Spaghetti-Packung mit, wenn ich unterwegs bin und die Weihnachtsgeschenke abliefere. So schlage ich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Ich beschäme die Familien nicht, weil sie mir nichts anbieten können, ich lasse mich bekochen und erfahre dabei Neuigkeiten und die Familie kann davon auch noch am nächsten Tag essen.
Nach drei Tage habe ich auch eine neue Rumquelle angezapft. Die Anderthalbliterflasche kostet 800 MN, zuvor habe ich mich bei mehreren Schwarzverkäufern durchgekostet. Cola gibt es in den Garagengeschäften, Limonen kriege ich geschenkt, die Eiswürfelschalen entdecke ich im Küchenschrank. Schaukelnd versinke ich im Suff, dass der Strom sich auch verabschiedet hat, merke ich, als ich aufwache und es um mich herum dunkel ist. Dabei ist es noch nicht einmal sechs Uhr abends.
Zum spartanischen Leben gehört auch die nichtfunktioniernde Dusche, wie überhaupt das ganze Haus in einem Zwischenzustand zwischen fortwährendem Verfall und allmählicher Sanierung befindet, wobei mir unklar ist, in welche Richtung sich das Pendel bewegt. So ist zwar inzwischen das Dach dicht, aber die Balken sind nicht ausgetauscht, also alles nur ein Provisorium. Geduscht wird jedenfalls mit Krug und lauwarmen Wasser aus dem Hahn am Waschbecken. Ansonsten zahlt sich die Vorratswirtschaft aus: Mein Lager ist noch gut gefüllt mit Seife, Klopapier, Duschgel, Zahncreme, nur die Sonnencreme ist weg, sodass ich einiges des aktuell Mitgebrachten verteilen kann.
Der Nachbar jammert. Seine Enkelin ist mit dem fünfmonatigen Kind über Nicaragua in die USA geflüchtet. Und in Kuba sei alles furchtbar. Am Furchtbarsten sei aber ich, wo ich doch Rum habe und ihm nichts abgebe. Hat eine feine Witterung, der Herr Nachbar. Den die beide Tage zuvor, als ich noch auf dem Trockenen saß, hat er sich nicht bemerkbar gemacht. Ich reiche ihm einen Becher, aber durch die Gitterstäbe des Vordereingangs, weil sonst in einer Stunde die Flasche leer wäre und ich keine Lust verspüre, schon wieder in die Spur zu gehen.
Am vierten Tag will ich in den Pool. Da es alleine keinen Spaß macht, lade ich eine Bekannte mit ihrer kleinen Tochter ein. Sie soll aber zuvor abklären, ob das Hotel Las America wieder Straßengäste aufnimmt. Tue es, sagt die Bekannte. Ja, sie habe angerufen. Am nächsten Tag ist sie zwar pünktlich und sogar vor mir vor dem Hoteleingang, aber es werden eben keine Straßengäste aufgenommen. Die Bekannte räumt kleinlaut ein, lediglich einen Bekannten gefragt zu haben, der versichert habe, der Pool sei nicht nur für Hotelgäste offen. Ich ärgere mich in erster Linie über mich. Genau dem hätte ich entgehen können, in dem ich selber angerufen hätte. Und einmieten kann man sich auch nicht, es sei alles ausgebucht, werde ich beschieden. Also versuche ich es eine Preisklasse höher, im Hotel Santiago. Dort ist man tatsächlich für Straßengäste offen. Allerdings funktioniert meine Kreditkarte nicht und Euros und Pesos werden nicht akzeptiert.