Das offizielle Kubaforum

Werde auch Du Teil der deutschsprachigen Kuba-Community. Die Anmeldung ist absolut kostenfrei und in wenigen Augenblicken abgeschlossen. Direkt danach bist Du in der Lage, eigene Themen zu erstellen oder auf bestehende zu antworten, sowie Dich mit anderen Mitgliedern zu verbinden.
Sei dabei. Wir freuen uns auf Dich!

Aboartikel Kuba: Die Probleme der Karibikinsel setzen dem Tourismus zu - Neue Zürcher Zeitung - NZZ

Kuba will nicht mehr in die Gänge kommen


Die Zahlen sind niederschmetternd. Abgehängt vom direkten Konkurrenten Dominikanische Republik, ist Kubas Tourismus auch 2022 nicht auf die Beine gekommen. Was tun, um die Besucher zurückzubekommen?





Knut Henkel


27.01.2023, 05.30 Uhr









384f9c97-9e24-43cd-b8c5-ad2394ac4515.jpeg.webp


Der Schein trügt: Trotz idealen Temperaturen und zahlreichen Naturschönheiten steckt der Tourismus auf Kuba in der Krise.


Alexandre Meneghini / Reuters


«Mineralwasser?», fragt Carmita ungläubig. «Ist nicht mehr zu bekommen. Selbst in den Bars in der Nachbarschaft wird der Mojito immer öfter ohne die perlende Note ausgeschenkt», meint die Kubanerin und legt die Stirn in Falten. Carmita arbeitet in einer sogenannten Casa Particular in der Altstadt von Havanna, einer Privatunterkunft für Touristen.








Dort ist sie unter anderem für das Auffüllen der Kühlschränke zuständig. Wasser und Softdrinks aufzutreiben, ist für die gut Vierzigjährige Pflicht, aber alles andere als einfach. Selterswasser und Sekt hat sie längst von ihrer Einkaufsliste gestrichen; für das Frühstück berechnet die resolute Frau mittlerweile fünf Euro. Kaffee, Milch und Eier seien nur schwer zu bekommen und überaus teuer, Obst gebe es immerhin um die Ecke in der Calle O’Reilly, aber auch da müsse sie Schlange stehen.


Die prekäre Versorgungslage und die langen Schlangen vor Lebensmittelläden und Supermärkten sind auch für den kubanischen Sozialwissenschafter Omar Everleny Pérez ein wiederkehrendes Thema.


Der 62-Jährige hat lange an der Universität von Havanna gelehrt, ist seit ein paar Jahren als freier Ökonom in Havanna aktiv und weist auf einen wesentlichen Unterschied seit Beginn der Pandemie hin: Anders als in den 1990er und 2000er Jahren machen die Versorgungsprobleme nicht mehr vor dem wichtigsten Devisensektor Kubas, dem Tourismus, halt.


Selbst im neoklassizistischen «Inglaterra» am Parque Central von Havanna seien frisches Brot zum Frühstück und Milch zum Kaffee nicht mehr garantiert. Das versuche das Personal mit viel Charme, manchmal auch mit penetranter Ignoranz zu kompensieren. «Tatsache ist, dass nach rund 18 Monaten Pause zwischen März 2020 und November 2021 der Tourismus weit vom Vor-Pandemie-Niveau entfernt ist», so Pérez.





Die Versorgungslage ist prekär. Bewohner der Hauptstadt stehen vor einem Lebensmittelgeschäft Schlange.


Yander Zamora / EPA





Warten auf Touristen: Mit dem Oldtimer Havanna entdecken.


Amanda Perobelli / Reuters


Abgehängt von der karibischen Konkurrenz


Ein Blick auf die Besucherzahlen zum Jahresende bestätigt das. Bis zum 27. Dezember sollen knapp 1,6 Millionen Touristen die kubanischen Grenzkontrollen passiert haben, so Everleny Pérez.


Das sind deutlich weniger als die von der Regierung zum Jahresbeginn 2022 anvisierten 2,5 Millionen und immer noch weniger als die 1,7 Millionen, die im Tourismusministerium als Minimalziel galten.


«Mexiko und Costa Rica haben das Vor-Pandemie-Niveau bereits wieder erreicht. Unser direkter Konkurrent, die Dominikanische Republik, ist mit rund 7 Millionen Touristen 2022 sogar auf Wachstumskurs», sagt Everleny Pérez.


Havanna hinkt abgeschlagen hinterher. Am Malecón, der weltberühmten Uferpromenade Havannas, liegt die Auslastungsquote der Hotels oft unter zwanzig Prozent. Dort befindet sich nicht nur das Tourismusministerium, sondern auch die neuen Luxushotels «Paseo del Prado» und «Grand Packard», die in den letzten drei, vier Jahren eröffnet wurden. Die beiden exquisiten Häuser sind umstrittene Symbole der touristischen Neuausrichtung Havannas.





Kartengrundlage: © Openstreetmap, © Maptiler


NZZ / sm.


Weniger All-inclusive-Tourismus mit Gästen mit buntem Band am Handgelenk, mehr mondäne Fünf-Sterne-plus-Hotels mit oft umstrittener Architektur – das scheint die neue Devise in Havanna. Dafür werden überaus knappe Ressourcen verbaut.


Ein gutes Beispiel ist das von der kubanischen Gaviota-Gruppe erstellte, aber von einer französischen Hotelgruppe geführte Hotel «Paseo del Prado». Am Ende der einst prächtigen, längst vom Verfall gezeichneten Promeniermeile Prado steht das moderne Luxushaus mit 250 Betten. Wie ein Ufo sei es in die koloniale Architektur am Prado eingepasst worden, sagt die Architektin Ailec Sarduy.


Sie befürchtet Ähnliches auf der Baustelle gegenüber dem Capitolio, einer Kopie des Capitols in Washington. Dort sind die Bauarbeiten für eine weitere Nobel-Bettenburg gerade angelaufen. Dafür mussten der legendäre Boxklub Kid Chocolate und das Kino Payret weichen, wofür viele Habaneros schon 2018/19 – als die Pläne publik wurden – wenig Verständnis hatten.


Mit dem Niedergang des Tourismus im Zuge der Pandemie und der gravierenden Wirtschaftskrise, welche die Insel seit 2020 durchlebt, ist die Frage, für wen da gebaut und investiert werde, lauter geworden. Auch kubanische Ökonomen wie Pedro Monreal oder Everleny Pérez fragen offen, ob das Werben um eine zahlungskräftigere Klientel sich rechne und wie der Kuba-Tourismus wieder auf Touren kommen könne.


Gebeutelt von Sanktionen der USA


2015 und 2016, den beiden besten Jahren, besuchten rund fünf Millionen Menschen die Zuckerinsel, der Tourismussektor erwirtschaftete Einnahmen von drei Milliarden US-Dollar. Damals sorgte das amerikanisch-kubanische Tauwetter unter Barack Obama dafür, dass US-Amerikaner und Europäer in Massen auf die mit feinen Sandstränden, revolutionärer Geschichte, viel Sonne und Kultur gesegnete Insel kamen.


Individualreisende waren es vor allem, welche die Insel für sich entdeckten, die mit vielen Vorteilen aufwarten kann: Laut Omar Everleny Pérez sind das in erster Linie Sicherheit, hohes Bildungsniveau, zahlreiche Naturschönheiten, aber auch ideale Temperaturen. Für den deutschen Reiseveranstalter Gerd Deininger kommen noch die kubanische Geschichte und die schon sprichwörtliche Lebensfreude hinzu, die seine Kunden begeistern.





Tanzszene in Santiago de Cuba: Doch die Lebensfreude hat in den letzten Jahren gelitten.


Ramon Espinosa / AP


Gerade die kubanische Lebensfreude jedoch hat in den letzten Jahren arg gelitten. Unter Donald Trump wurde das bilaterale Tauwetter beendet, die amerikanische Sanktionspolitik feierte Wiederauferstehung. US-Amerikanern wurde es erneut verboten, die einst revolutionäre Insel zu besuchen, Investoren auf Kuba wurde mit Prozessen in den USA gedroht, wenn sie US-amerikanisches Alteigentum nutzen würden, und obendrein landete die Insel erneut auf der Liste der von Washington mit Sanktionen belegten Terrorstaaten. Ein kubanischer Stempel im Pass könne zur Hürde für die Einreise in die USA werden, so Omar Everleny Pérez.


Doch die Sanktionen der USA sind nicht der einzige Grund für die ausbleibende Erholung des Tourismussektors. Die bereits ab 2019 prekär werdende Versorgungslage bei Speiseöl und Mehl hat sich bis heute auf die gesamte Angebotspalette ausgeweitet. Auf der Insel hergestellte Produkte sind rar geworden. Sie seien auch in Fünf-Sterne-Hotels wie dem «Playa Vista Azul» in Varadero vom Buffett verschwunden, so die Kellnerin Magdalia Pérez. «Kubanisches Coppelia-Speiseeis habe ich hier schon lang nicht mehr gesehen. Wir erhalten billiges Importeis aus der Schweiz», sagt die Frau, die ihren wahren Namen nicht preisgeben will und wie so viele Kollegen über ihre Ausreise nachdenkt.


Müde, entnervt und ohne Hoffnung, dass sich in Kuba trotz allen Reformen wirklich etwas ändern wird, sind viele. Die sozialen Proteste vom Juli 2020 wurden abgewürgt durch Festnahmen und eine Welle von Prozessen. Seit die Flughäfen im November 2021 wieder geöffnet wurden, ist Auswanderung das zentrale Thema auf der Insel. Das ist zwar typisch für die Geschichte Kubas, nur waren es noch nie so viele, die gehen wollten. «300 000 meist junge und gut ausgebildete Menschen wanderten in den letzten zwölf Monaten in die USA aus, 19 000 weitere nach Spanien», so Everleny Pérez. «Das wirft uns weiter zurück. Denn unter ihnen sind viele, die im Tourismus arbeiteten, die ausgebildet sind, Fremdsprachen beherrschen und nun fehlen.» Ein strukturelles Problem, das sich bereits im All-inclusive-Bereich von Varadero genauso wie im neuen Luxus-Segment, aber auch bei den kleinen innovativen Privatanbietern bemerkbar macht.





Die Karibik-Insel vermag immer weniger Touristen anzuziehen.


Alexandre Meneghini / Reuters





Ein Badestrand bei Varadero.


Amanda Perobelli / Reuters


Für 2023 hoffen die Reiseanbieter auf mehr staatliche Flexibilität und wirtschaftliche Erholung. Die Buchungen für das Frühjahr 2023 liessen hoffen, sagt Gerd Deininger. Er ist froh, dass die lähmende Benzinknappheit vom Spätsommer 2022 genauso vorbei ist wie die inselweiten Stromausfälle. Signalcharakter könnte auch die Verlängerung der maximalen Aufenthaltsdauer von 30 auf 90 Tage haben – allerdings nur für Individualreisende.


Dass das allerdings dem gesamten Sektor aus der Krise hilft, bezweifelt der Ökonom Everleny Pérez. «Die Erholung des Tourismus wird kaum abgekoppelt vom Rest der Inselökonomie möglich sein. Wir brauchen inselweit ökonomische Dynamik.» Ob dafür die vom Tourismusministerium aufgelegten Werbekampagnen in China und Indien sorgen werden, steht in den Sternen.
 
Ich habe natürlich nur einen subjektiven Blick heute bekommen, aber es sind gut Touristen unterwegs hier in Havanna.
Im Hafen war ein TUI Kreuzfahrtschiff.
 
In Habana Vieja sieht man natürlich mehr. Östlich der Galiano im Centro wird es merklich weniger. Im Vedado fallen sie auf der Straße kaum auf, während sie in den Restaurants gefühlt überrepräsentiert sind. (Mein Eindruck von Anfang Dezember)
 
Ich war im Januar in Havanna und hatte nicht den Eindruck, dass es wenige Touristen gibt, man muss teilweise echt aufpassen, dass man beim überqueren der Strassen nicht von einem Oldtimer mit Touristen überrollt wird ;). Habe auch jede Menge Gruppen gesehen, mit Selfie-stick etc...
Ich war auch mal einen Tag in Guanabo, da war es ziemlich deutlich zu sehen. Kann man sich mittlerweile schenken
Der Tourismus hat im Vergleich zu 2021 definitiv zugenommen, man sieht das auch an den Anzahl der Maschinen die täglich in Havanna landen.
https://www.airportia.com/cuba/josé-martí-international-airport/arrivals/
 
Diese Sperren von Bezahlartikeln sind mittlerweile oft dynamsich. Gesetzte Coockies erkennen, ob Ihr die ersten Male da seid, oder öfter. Je nach Einstellung der Software könnt Ihr dann alles lesen, oder werden aufgefordert ein Abo abzuschließen. Also muss nicht bei allen gleich sein.
 
Zurück
Oben