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Havanna - Teil 3-1 - Einkaufen? Naja...

Havannastyle

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Mit genug CUC und CUP in der Tasche wird die Shoppingqualität Kubas auf die Probe gestellt. Falls man Einkaufen auf der Insel überhaupt als Shopping bezeichnen kann.....

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Mein Lieblingsladen um die Ecke, statt zwei Biersorten gibt es mittlerweile nur noch eine. Drei ganze Packungen Milchpulver, ein paar Fläschchen Babynahrung, viel mehr gibt das Sortiment nicht her.
Der Verbrauch an Getränken in der Hauptstadt ist derart hoch, dass wirklich kalte Getränke ein Zufallsprodukt sind. Selbst die Kubaner gehen von einem Stand zum nächsten, wenn dort nur warm serviert wird.
Im nächsten Laden soll es Fleisch geben, einen Block entfernt durch die müllgesäumten Straßen Havannas. Im Laden brummt die Klimaanlage, neben diversen Paletten an Erfrischungsmitteln begutachten Kunden die Auslage. Das Licht im Laden erinnert eher an ein Krankenhaus, lange Neonröhren mit blauem Kaltlicht lassen die Ware erblassen. Heute scheint ein Glückstag zu sein, es gibt massenweise Hähnchenschenkel. Hier wird nicht Tag für Tag eingekauft, panikartig scheinen die Frauen soviel mitzunehmen wie Sie Geld übrig haben. Teilweise gehen über 15 Kilo auf einmal über die Theke. Es ist noch morgen, am Mittag wird alles verkauft sein. Für mich werden zwei Kilo reichen, nichtmal zwei CUC habe ich dafür bezahlt. Für Huhn? Es ist schlachtfrisch, überreicht wird es mir in zwei ineinander verpackten Einkaufstüten. Das Blut färbt die weiße, hauchdünne Tüte rot. Innerhalb von wenigen Sekunden tropft es den gekachelten Boden voll. Gut das ich heute eine beige Hose anhab....
Ein wirklicher Laden ist dies auch nicht, eher ein Getränkemarkt mit sieben Standardsorten, einer Fleischertheke und einer kleinen Auslage an der Kasse. Das weitere Sortiment des Metzgers bestand aus einer eklig wirkenden, eingepackten Fleischmasse. Mehr gab es tatsächlich nicht. Wer diese vorab mal gegoogelt hat, weiß auch was drinnen ist. Jede Menge Wasser und Sauce, enorm wenig zusammengedrechseltes Fleisch in gummiartiger Konsistenz. Wäre ich Kubaner, ich glaube ich würde ebenso soviel Huhn wie geht ergattern......
Die Auslage ist uninteressant, in eigentlich jedem Geschäft findet sich hinter Glas das gleiche. Zwei Sorten von kleinen Süßigkeiten und ein bis drei Artikel der aktuellen "Besonderheiten". Das also ist ein Metzgerladen......


Zwar wurden massig Hygieneartikel eingepackt, dennoch würde mich interessieren was es hier so gibt. Nach ca. einer dreiviertel Stunde Fußmarsch findet sich ein Geschäft mit etwas mehr Auswahl. Im Regal finden sich..... amerikanische Markenartikel? War da nicht was mit Embargo und sowas? Das eigentliche Embargo ist wohl der Preis, teilweise ist das Produkt teurer als in Europa. Was für ein Preisschock in der Relation, bei unseren Steuersätzen und unserem durchschnittlichem Einkommen. Nichtsdestotrotz fasziniert mich die amerikanische Produktinvasion auf der Insel.
Wer hier Außenhandel treibt, dies wird schnell deutlich wenn die Produkte einmal umgedreht werden. Der Großteil der Waren kommt aus Spanien oder wird von dort importiert, eine erstaunlich hohe Anzahl an amerikanischen Gütern ist zu finden und einer kleineren Position von holländischen Gütern.
Fein aufeinander abgestimmt und soweit konkurrenzlos in ihren jeweiligen Produktsparten. Gewöhnliches, das gibt es hier nirgends. In ganz Havanna gibt es nichtmal einen Liter Milch zu kaufen. Dafür vereinzelt Schnickschnack, bunte Bildchen zum Aufkleben, vielleicht mal einen Schreibblock. Touristenkram findet sich an mehreren Ecken, meist in der Nähe von Hotelanlagen oder Sehenswürdigkeiten. Aber das was wirklich gebraucht wird, das findet sich nirgends.
Ein Küchenschwamm wird zu einer Herausforderung, die Reinigungsmittel gibt es entweder gar nicht, in der schlechtest zu produzierenden Qualität oder zum westlichen Preis als Markenprodukt. Eine Billigmarke mit dennoch guten Testwerten wie "Duschdas", warum gibt es solche Unternehmen nicht? Ein westliches Produkt statt zu fünf CUC von "Procter&Gamble" für einen? Ein Schwamm ist keine Herausforderung für die Schaumstoffindustrie und das was dort erhältlich ist eignet sich zum einmaligen Gebrauch? Simpelste Hygieneartikel wie Toilettenpapier sind kaum erhältlich und wenn zu Preisen fern aller Vernunft. Ein Wunder das Kuba nicht von Seuchen heimgeplagt ist, vielleicht deswegen die hohe Medizinerrate. Wer aus der Casa oder dem Hotelzimmer herauskommt und sich in die Häuser der Einheimischen wiederfindet bemerkt... es gibt nichtmal Toilettendeckel. Weder zum Erwerb und selbst wenn sich einer findet, zu horrenden Preisen. Wegwerfartikel der westlichen Industrie, hergestellt in millionenfacher Ausfertigung, in einem Überangebot in unseren Super- und Baumärkten..... es gibt sie nicht. Nichtmal einen ordentlichen Spülschwamm.


Wer lange sucht, findet ein paar der spezialisierten Geschäfte. Eine Weinhandlung mit zig Weinsorten, eine Buchhandlung mit tatsächlicher Literaturauswahl, ein Supermarkt der einem Supermarkt gleichkommt.
Findet man eine dieser Raritäten darf sich auf Kontrollpersonal an der Türe eingestellt werden. Teilweise wird nur eine bestimmte Anzahl an Kunden hereingelassen oder die Einkaufstüten werden kontrolliert. Um nicht ständig Schlange stehen zu müssen wurde sich etwas abgeguckt. Der Laden wird betreten, in Windeseile jeder Gang abgelaufen um das Sortiment zu checken. Ist nichts dabei was man benötigt geht es schnurstracks zum Ausgang, die Hände dem Kontrolleur offen zeigend. Manchmal reicht auch schon ein Blick durch das Glasfenster, einkaufen auf Kuba ist fast so, als wäre es Nachkriegszeit.
Gibt es Besonderheiten wie frische Eier muss man wissen wo. Es wird gehortet, füreinander eingekauft, verteilt oder zu höheren Preisen weiterverkauft wenn die Ware damit wieder knapp wird. Dies gilt sogar für Eier, und Havanna ist eine Großstadt die noch umfassender beliefert wird, in der in Reltion gesehen mehr Kubaner mit "knapp" ausreichendem Einkommen leben als auf dem Land. In Varadero übrigens, dem Touristenspot, soll es zur selben Zeit an jeder Ecke Milch geben. Irgendwie bin ich froh nicht dort geurlaubt zu haben, hätte man dann Kuba erlebt?
Selbst wegen einem Stift, gemäß er wäre etwas besonderes, würde es auf Kuba zu einem Ansturm an Kaufwütigen kommen. Kleine Besonderheiten kennzeichnen den Wohlstand und die Zugehörigkeit zur Mittelschicht. Aktuell sind Flachbildfernseher der Renner. Einen Laden dafür findet man kaum, der Großteil: Mitbringsel aus dem Ausland. Das tolle Fernseherlebnis ist gebunden an die staatlichen Medien. Offiziell gibt es keine Receiver zu kaufen und wer die spanischen Kanäle sieht, darf um den TV bangen. Schwer verboten heißt, wer dabei erwischt wird hat zukünftig einen leeren Standplatz. Alles wird beschlagnahmt und entsprechend umverteilt, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Durchsucht die Polizei jetzt täglich die Räume? Oft sind es neidische Nachbarn die einen hinhängen. Vielleicht gefrustet von der verbesserten Situation des anderen oder selbst nichts dabei verdient.
Soviel wie sich aus der Patsche geholfen wird, so oft wird man auch verraten. Die Knappheit der Produkte auf der Insel schafft Neid in stetig wachsendem Ausmaß, die Abspaltung der Bevölkerung in immer kleinere Interessensgruppen nimmt aufgrund des massiven Schwarzhandels immer weiter zu. Auffällig oft haben die Händler mit der "besten" Ware die modernste Kleidung an. Goldketten hängen um deren Hälser. Auffällig oft auch sind diese Hispanoles, weißer Hautfarbe. Wenige der schwarzen Bevölkerung scheinen in die verdienenden "Nebenberufe" eingebunden zu sein.
Der stetige Geldfluss aus dem Ausland hat Kuba für die dortige Bevölkerung zum ungewolltem Stillstand gebracht. Die eigentliche Revolution müsste neu gestartet werden da die Mechanismen des Marktes gleich geblieben sind. Kuba ist nun nur noch ärmer....

Kuba - Einfach einkaufen (3-2) <- Link zum zweiten Teil des Artikels

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Kuba - Einfach ankommen (1) <- Link Teil 1
Kuba - Einfach wahrgenommen (2) <- Link Teil 2
 
Aus der Frischmilch wird im Land das Milchpulver (mit Vitaminzusatz!) hergestellt...
Nachdem die Babys "Anspruch" darauf haben, ist das Pulver nützlicher, zumal nicht alle Familien einen "Refri" (Kühlschrank) haben...
Bei der "Fleischmasse" handelt es sich höchstwahrscheinlich um "Picadillo", "Hackfleisch" in unserem Sinn gibts wirklich äusserst selten in großen Supermärkten in Havanna....
 
Also:
Milch gibt es in einigen Supermärkten von Playa Richtung Marianao (Nähe russische Botschaft - dort gibts auch meist Rinderfaschiertes und im Supermarkt neben Melia). Wobei Rinderfaschiertes meist auch im Supermarkt beim Melia Cohiba (Malecon) zu haben ist.
Richtig ist, dass es Personen mit Milchanspruch gibt (Babies bzw. Kranke), die haben entweder eine Kuh in der Nachbarschaft und holen sich ihren frischen Liter von dort (Schwiegerpapa) oder - Mehrzahl - so wie La Vispa schreibt Milchpulver
Klo (bzw Deckel bzw Gesamt) gibt es zB Ecke Neptuno y Galiano
Flachbildschirme (Elektronik überhaupt) gibt es Carlos III
Waschmittel, Schwämme, Wischtücher gibt es im Fussgängerzonenbereich (ca. Mitte rechts Richtung Parque Central) San Rafael (wobei ich wegen der besseren Qualität sogar Wischtücher von dort nach Wien mitgenommen habe)
Wobei ich sagen muss, dass diese Plätze eben Kubanern (meiner Familie) bekannt sind. Selber in Havanna einfach auf gut Glück herumstrolchen macht eher wenig Sinn.

Das macht doch auch einen Teil der Faszination aus. Es wird eben nicht so gelebt wie bei uns - da könnte man billiger nach Malle fahren. Dass es für KubanerInnen nicht einfach ist, ist auch klar, aber sie kennen es nicht anders. Dass man ganzjährig Weintrauben oder Mangos isst und verfügbar hat, war ja auch bei uns nicht immer üblich...
 
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