Das offizielle Kubaforum

Werde auch Du Teil der deutschsprachigen Kuba-Community. Die Anmeldung ist absolut kostenfrei und in wenigen Augenblicken abgeschlossen. Direkt danach bist Du in der Lage, eigene Themen zu erstellen oder auf bestehende zu antworten, sowie Dich mit anderen Mitgliedern zu verbinden.
Sei dabei. Wir freuen uns auf Dich!

Havanna - Teil 2 - Rund ums Kapitol

Havannastyle

Erfahrener Nutzer
Registriert
4 Aug. 2016
Beiträge
235
Punkte Reaktionen
155
Ort
München
Die erste Nacht erwartet mich und es wurde ja schon soviel gehört und gelesen. Da müsste ich ja eigentlich wissen was auf mich zukommt, oder?

------------------------------------------------------------------------

Die Zigarette glimmt vor sich hin. Die Schachtel ist bald leer und der Gang zum Supermarkt ist bald nötig. Gleich um die Ecke hieß es...... Gut das Bekannte vor Ort ein paar CUC dabei hatten, Geld gewechselt hatte ich selbstverständlich noch nicht. Zwar nehmen Erfahrene wohl immer wieder ein paar Hunderter in Landeswährung mit, wirklich erlaubt ist es jedoch nicht. Naivität hilft einem nicht unbedingt weiter und auch wenn Werbeplakate die schönsten Strände vorgaukeln, das System ist dennoch ein anderes und "sicher ist sicher".


Es ist circa acht Uhr abends in Kuba, Öffnungszeiten bis neun, das hört sich doch prima an. Also ich bräuchte dies, und das, und jenes vielleicht..... der Gedanke ist zum Ablegen gedacht. Tatsächlich bestand das Sortiment aus wenigen Artikeln, fein säuberlich nebeneinander positioniert um die leeren Stellen dahinter abzudecken. Mit Glück steht ein einziger gewünschter Artikel zur Verfügung, Luxus, wenn es Produkte dergleichen Art gibt. Claro oder Presidente? Mein erstes Wort: caliente hilft ungemein weiter. Wie würde so ein Laden in Europa heißen? Bauchladen mit vier Wänden? Und das mitten in Havanna, das Kapitol gerade mal hundert Schritte entfernt.
Zigaretten nicht vergessen... mal die rote Popular nehmen. Die Schachtel zu einem Witzpreis von einem Euro. Eingedeckt mit dem lebensnotwendigen wird es Zeit Richtung Park zu laufen. Direkt an der Seitengasse ragt das Gemäuer des Inglaterria hervor. Der abschließende Rundbogen um die hauseigenen Gäste von der Straße zu trennen lädt nicht zum Hinsetzen ein. Das erste Mal tönen kubanische Klänge durch die beginnende Nacht, es hört sich.... gewöhnlich an. Im Endeffekt könnte man das Areal direkt auf ein Kreuzfahrtschiff verfrachten und da das Abendprogramm genießen. Wirkliches Fieber macht sich nicht breit, und das einzige was tanzt sind runterspringende Krümel des Abendessens der Gäste. Gegenüber im Park erkennt man schemenhaft Statuen die sich als Menschen entpuppen. Das ist wohl eine der berüchtigten W-Lan-Zonen.
Direkt neben dem Hotel gastiert das Staatsballett. Interessanterweise sagt im späteren Verlauf jeder "beim Hotel", nicht etwa einer "beim Theater". Das Kapitol ist ein Unikum. Ähnlich dem Vatikanstaat macht sich hier ein anderes Klima breit, als wäre es ein anderes Staatsgebiet. Kaum Autos, niemand sitzt, keine Bänke weit und breit zu sehen. Und vor allem.... reinlich. Im Vergleich zu dem was man in den Gassen so sieht kann hier vom Boden gegessen werden.
Anlehnen an den Zaun? Selbst das wird nicht gern gesehen. Mein Experiment mich in der Nähe niederzusetzen wurde mit der Aufforderung eines Staatsbeamten begrüßt ich solle gefälligst aufstehen. Warum? Weil es so ist und der Wachmann schlägt die Hände über den Kopf. Schon in der ersten Nacht wird Kuba zu einem Schauspiel der Sinne.

Ein gigantisches Theater deren drei Welten genau an diesem Ort zusammentreffen. Jeder Blick ist eine Illusion, die Freundlichkeit wirkt erzwungen, was genau ist Kuba eigentlich?

In Prospekten und Erzählungen anderer Reiseerfahrener liest man von Musik und Tanz in nicht endender Vollendung, Havanna aber..... ist still. Von den Marionettenspielern im Hotel mal abgesehen, kein lautes Radio, kein Lärm in den Gassen, keine Subwoofer oder sitzende musizierende Kubaner. Einfach still.

Das einzige was mir dauernd ins Ohr schreit ist: Taxi, Taxi in sämtlichen Tonlagen und in seltsamer Harmonie. Was für ein Wettbewerb um die sitzenden und vorbeilaufenden Gäste. Ein Privattaxi? Weit gefehlt, sauber geputzte Oldtimer stehen vor dem Hoteleingang. Die Kulisse muss erhalten bleiben, sauber, reinlich.

Mit einem Laufradius von nichtmal zweihundert Metern gibt es schon soviel bemerkenswertes zu beobachten. Das schafft Hunger.
Gegenüber des Capitolios befindet sich ein Hamburgerstand. Dummerweise stehen da zwei verschiedene Währungen an der Tafel. Als Vollinformierter wurde vergessen wie der Wechselkurs ist. Na prima. Ein Hamburger auf Nachfrage soll 3 CUC 50 kosten, oder... ääääh... 3 CUC. Wenn mir so genau Preisauskunft gegeben wird, Hunger schieben.

Im Park hat sich immer noch nichts getan, sitzende Personen aller Art starren auf ihr Handy während Polizisten den Bürgersteig patroullieren. Das Hotel und seine Gäste stets im Blick.

Straßenhunde liegen und laufen zuhauf im Park, ab und zu schmeißt ihnen jemand ein Stück Brot mit Fleisch zu. Einige wirken kränklich. Krankheiten dürften an der Tagesordnung sein. Kein Grund sie nicht zu streicheln. Zeigt der Umgang mit Tieren nicht wie groß Probleme in der Gesellschaft sind?


Ein Bild muss langsam her. Nachdem es schön dunkel geworden ist fehlt die Perspektive. Fürs Foto, nicht für Kuba. Im Park sind die Verhaltensregeln nicht so streng und es darf sich auf dem Boden gelegt werden. Während das Objektiv sich justiert wird die Kulisse nochmals deutlich. Man erkennt sie an den Personen auf den Gehsteigen.
Links das Kapitol, unbelaufen und wenn, eilen die Menschen aus dem Licht. Das Hotel wirkt mittig wie eine Traube, eine Art Stau wenn man so will. Rechts die Seitengassen in denen stets Bewegung herrscht. Es scheinen dort hundert Personen herauszukommen die unbemerkt das Gelände Richtung Kapitol überquert haben.

Die Zigaretten schmecken furchtbar und warmes Bier schmeckt nunmal nach warmen Bier. Letztendlich ist das vielleicht der entscheidenste Eindruck auf Kuba. Die Preise die mir so lächerlich gering vorkommen, sind ein Spiegel der Ernährungsqualität auf der Insel. Ein Kubaner kann nicht jeden Tag ein Bier trinken und eine Schachtel Popular rauchen. Der Gesamtpreis von zwei CUC ruiniert die Geldreserve nach elf Tagen bei deren Durchschnittslohn. Höchste Ansprüche liegen mir nicht aber wenn diese Qualität schon mehr schlecht als recht ist? Was kaufen sich die Einheimischen eigentlich für Waren? Das müssen dann ja die Reste vom Rest sein.....

Der Entschluß für morgen steht. Die Preise in den Läden in Relation stellen, Waren erkunden. Mit einem rauchenden Kopf voller Fragen lande ich in der Casa. Schlaflos in Havanna wird man nicht nur wegen lauter Musik. Es ist immer noch..... still.

------------------------------------------

Im nächsten Teil werden die Einkaufsmöglichkeiten unter die Lupe genommen. Kubaner müssten deshalb eigentlich Sprintweltmeister werden....

-----------------------------------------
Kuba - Einfach ankommen (1) <- Link Teil 1
Kuba - Einfach einkaufen (3-1) <- Link Teil 3-1
Kuba - Einfach einkaufen (3-2) <- Link Teil 3-2
 
POPMain.jpg
Ein Kubaner kann nicht jeden Tag ein Bier trinken und eine Schachtel Popular rauchen. Der Gesamtpreis von zwei CUC ruiniert die Geldreserve nach elf Tagen bei deren Durchschnittslohn.
nun ja, die kaufen ihre Zigaretten aber auf Bezugsschein und bezahlen in CUP.
Apropos Popular, als ich damals in Kuba gearbeitet habe und meine mitgebrachten Zigaretten zu Ende gingen, besorgte ich mir diese Popular.
Auweia die waren so stark, das ich dachte, ich muss mit dem Rauchen aufhören.
Aber trotzdem, schöner Bericht!
 
Ich dachte anfangs nur, hauptsache mit Filter :D:D:D Auch echt nicht ohne und mit für mich "normalem" Rauchverhalten pfeift die Lunge ganz schön. Was des wohl für eine Qualität in den Kommissionszigaretten sein muss......
 
Sogar noch Hartpackung oO sieht aus wie ein Büro.... heute :D:D:D
 
Es ist bei der Preisauszeichnung das "Dollarzeichen" zu beachten bzw. die "CUP" haben nur einen senkrechten Strich durch das "S" und die "CUC" zwei Striche... So kommt es, dass Turis 2 CUC für ein Tüteneis (so es das irgendwo gibt) zahlen (=48 CUP!), obwohl es nur 2 kostet... und diese Verwechslung zieht sich durch die Imbissbuden und die Kubis freuts... (Sei ihnen gegönnt!);)

...im übrigen finde ich den Bericht sehr gut - so läufts (auch)...!
 
Sogar noch Hartpackung oO sieht aus wie ein Büro.... heute :D:D:D
was meinst du mit "Hartpackung"? damals waren die Päckchen nur in einer weichen Papierverpackung. Wie es heutzutage ist, weiß ich nicht.
Ja, sieht aus wie ein Büro heute...nun, dieser Schreibtisch war eine DDR Produktion, auch im Lieferumfang der umfangreichen Ausrüstung, die damals an die Kubaner geliefert wurde.
Die Leiter für die Montage er Telefonzentrale wurde aber nicht aus der DDR geliefert, die habe ich vor Ort selber gebaut.
Und die Liege wurde auch aus der DDR geliefert.
Die kubanischen Telefonistinnen waren ganz wild darauf, Farbfotos von sich zu erhalten, also gab es umfangreiche Foto Aufnahmen.
leiter.jpg Liege.jpg
 
aaah... ich dachte das wäre ein fester Karton :) Denken und Kamele eben :D Warst also Gastarbeiter damals nehm ich an? Na bin ja gespannt ob es mir im Laufe der Reihe gelingt die Stimmung gut einzufangen auf Kuba....

Erstaunlich wenn eine Kleinigkeit zu etwas besonderem wird. Sei es nur ein Farbbild nebst Abzug
 
Warst also Gastarbeiter damals nehm ich an?
Na ja, Gastarbeiter ist wohl eine nicht korrekte Bezeichnung für meine Tätigkeit in Kuba.
Zur Erklärung:
Es bestanden je enge wirtschaftliche Beziehungen DDR - Kuba.
Es wurden viele Industriebetriebe an Kuba geliefert. In Cienfuegos z. B. das Zementwerk. So kam also die gesamte technische Ausrüstung aus der DDR.
Ich hatte also die Aufgabe, als Chefmontage eine Gruppe von Kubanern bei der Montage unserer Ausrüstung (Fernmeldetechnik)
Unterstützung zu geben. Es war nicht immer sehr einfach, denn Telefontechnik? Oft ein Fremdwort für "meine" Kubaner. Also habe ich mit den 10 Leuten der "Telefonbrigade" erst einmnal einen Monat Schulung gemacht. Umgang mit Fernmeldekabeln und deren Drahtfarben. Letztendlich haben wir, wir waren 3 Leute aus der DDR für die Fernmeldetechnik dort, die Verdrahtungsarbeiten selber durchgeführt. So war sichergestellt, das es dann keine technischen Probleme gab.
Finanziell war es eine tolle Sache, das Gehalt lief hier weiter (hatte einen Auslandstarif) und von der Auslösung in Kuba hatte ich mir einen PKW und einen Farbfernseher zusammengespart.
Allerdings, arbeiten damals unter kubanischen Bedingungen, auweia...
Trotzdem möchte ich diese Zeit in meinem Leben nicht missen, hat es doch den Horizont, was die Welt und andere Kulturen angeht, ungemein erweitert.
 
vielen lieben Dank für diesen privaten Einblick :) Mal darüber nachgedacht die Erfahrungen zusammen zu schreiben?
 
Zurück
Oben