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Die Schatzinsel ...

Chris

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26 Juni 2011
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Ort
Habana Vieja, Ciudad De La Habana, Cuba, Cuba
Die Schatzinsel ...

Es war in meinen ersten Kuba-Jahren und ich fühlte mich etwas gestresst in Havanna! "wenn Du Ruhe suchst, flieg auf die Insel ..." riet mir Jorge, unser Büroleiter vor Ort, "... die kennst du ja noch nicht!". Und da stand ich nun, am Hafen in Nueva Gerona, der Hauptstadt der Insel der Jugend, "schockgefrostet" wie ein Iglo-Fischstäbchen.

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Nueva Gerona - Calle 39 (Martí)

Ich hatte die Schnellfähre benutzt, die von Batabano aus zweimal täglich die etwa 3-stündige Fahrt macht. Der Passagierraum, der während der Fahrt nicht verlassen werden darf, war vollklimatisiert, und wie auf Kuba üblich lief die Aircondition natürlich auf Volldampf, was nicht selten Erfrierungen der Kundschaft nach sich zieht, zumal wenn man Kuba-Anfänger ist und noch nicht gelernt hat sich trotz tropischer Temperaturen auf solche Fahrten mit Decken und warmen Kleidungsstücken vorzubereiten. Das erste Frösteln war schnell vorbei und ich beschloss bei zukünftigen Besuchen dieser Insel, die auch als Vorlage für Stevensons' Roman "Die Schatzinsel" gedient haben soll, dem halbstündigen Flug den Vorzug geben.

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Presidio Modelo

Schnell stellte sich heraus, dass Jorge Recht gehabt hatte, die Isla Juventud war ein Hort der Ruhe, sofern man nicht ausgerechnet am zentralen Rumbos in der einzigen belebteren Strasse, der Calle Marti, sitzt! Die Sehenswürdigkeiten Nueva Geronas lassen sich an einer Hand abzählen und können leicht an einem einzigen Tag abgeklappert werden. Die Ruinen des Gefängnisses Presidio Modelo, das kleine Museum am Parque Heroico, die Finca El Abra in der Jose Marti für kurze Zeit exiliert war, selbst für einen kurzen Strandbesuch an der bekannten, weil dunkelsandigen Playa Bibijagua bleibt Zeit!

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Bewaldete Südzone

Doch meine Kollegen vom örtlichen Ecotur-Büro hatten da noch einen Tipp parat, und der stellte sich als Hauptgewinn für stressgeplagte Mitteleuropäer heraus! Ich beschloss mit Neray in die Südzone der Insel zu fahren, in die sich aufgrund von notwendiger Vorab-Genehmigung und schlechter Wegstrecken nur wenige Urlauber verirren, zu Unrecht wie sich herausstellte. Die komplette südliche Hälfte der Isla Juventud ist Sperrzone, Gerüchten zufolge soll hier das Militär geheime Stützpunkte unterhalten, aber auf keinem meiner etlichen Besuche dort konnte ich das auch nur annähernd bestätigen!

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Wandmalerei in den Höhlen bei Punta del Este

Kurz nach der Grenze zur "Zone" biegt eine ca. 20 Kilometer lange Pista nach Osten zur Küste ab. Am Ende der Strecke, kurz vor dem Meer befinden sich zum einen eine meteorologische Station, die der Hurrikan-Überwachung dient, sowie mehrere Höhlen, die vor hunderten von Jahren Eingeborenen Schutz boten und für religiöse Zeremonien benutzt wurden. Noch heute zeugen etliche Wandmalereien davon, zumeist konzentrische Kreise oder Kreuze die einen astrologischen Bezug nahe legen. Weiteres Highlight ist der an der Südküste gelegene Leuchtturm Carapachibey, einer der höchsten Lateinamerikas. Mit ein wenig Glück kann man den Wärter überreden hinaufzusteigen und es bietet sich dem Besucher ein grandioser Rundumblick über die Südzone und das karibische Meer.

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Leuchtturm Carapachibey

Am Ende des Weges, der selbst mit geländegängigem Fahrzeug viel Geduld und noch mehr Sitzfleisch erfordert, liegt schliesslich der kleine Fischerort Cocodrilo (ehemals Jacksonville), gegründet von Aussiedlern der Cayman-Inseln. Auf Anfrage bekommt man hier vorzügliche Fischgerichte von Privat gekocht für den Hunger zwischendurch. Früher gab es hier am Ortsrand auch eine kleine Schildkrötenfarm, die aber durch einen der vielen hier vorbeiziehenden Hurrikane fast komplett zerstört wurde. Heutiges Highlight des kleinen Örtchens sind die nahen Sandstrände bei Punta Frances, heutzutage regelmässig Anlaufpunkt für Kreuzfahrtschiffe, die ihre Kunden hierher an die herrlichen feinsandigen Stränden, die keine Konkurrenz zu den Cayos im Norden zu scheuen brauchen, zum Baden und Schnorcheln bringen.

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Erinnerungen an die Schatzinsel (von 2013), im Gedenken an meinen sehr guten Freund Klaus:

Ein Schiff wird kommen ...

Immer dann, wenn du glaubst schon alles zu kennen oder gesehen zu haben, wenn du denkst, es gibt nichts mehr was dich überraschen kann, genau dann kommt oft der Moment, an dem dich die (kubanische) Schöpfung Demut lehrt und dir zeigt wie winzig und unwissend du bist im Universum, hier speziell im Kubanischen! Hauptdarsteller dieser Begebenheit auf Kuba sind zwei Deutsche, die beide schon seit vielen Jahren ihr Glück auf der Insel gefunden zu haben scheinen. Der eine bin ich, der andere ist ... Klaus!


Mein Arbeitgeber hatte mich schon öfters damit betraut Kreuzfahrtschiffe zu betreuen, speziell bei Punta Frances, einer herrlichen Bade- und Tauchregion an der Südwestspitze der Isla Juventud, die ich bestens kannte. Normalerweise verlief die Betreuung der Kreuzfahrtschiffe problemlos. Neray, Chef unserer lokalen Incomingagentur Ecotur, der seine Pappenheimer bestens kannte, hatte unheimliches Talent, alles schon bis ins letzte Detail vorzubereiten, sodass von mir zumeist nur noch winzige Feinarbeit vor Ort erledigt werden musste. Der Ablauf war fast immer gleich, am Vorabend machte man sich auf den langwierigen Weg zur Ökostation bei Punta Frances, zumeist auf dem Lastwagen zusammen mit den Arbeitern und Vorräten, die am nächsten Morgen die Touristen von den Kreuzfahrtschiffen am Strand in Empfang nehmen sollten. Ein 4-5 stündiger Bade- und Schnorchelstop mit Früchtebuffet stehen zumeist auf dem Plan der Badegäste, und wir hatten alles dafür zu tun, dass der halbtägige Ausflug reibungslos und zur vollsten Zufriedenheit der Kunden verläuft.

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Strand bei Punta Frances

Dieses Mal hatte ich meinen Flug nach Gerona um 1 Tag vorverlegt, man hatte mir mitgeteilt, dass Neray nicht mehr bei Ecotur arbeiten würde, mir schwante Böses, und nicht zu Unrecht! Als ich ankam und mich bei Ecotur telefonisch meldete, klang die Stimme überrascht, "Nein, über mein Kommen wüsste man nicht Bescheid, wäre aber auch gar nicht notwendig, da man alles schon organisiert habe und ohne meine Hilfe durchführen könnte." Als ob ich es geahnt hätte, Kuba halt! Ich hatte natürlich nicht vor, die kubanischen Kollegen das alleine durchziehen zu lassen, zuviel stand auf dem Spiel. 5-Sterne-Kreuzfahrer sind verwöhnt, zahlen ja auch eine ganze Menge dafür und ich konnte nicht zulassen, dass das ganz ohne unsere Aufsicht ablief. Kleine Betrügereien an den Kunden bei der Getränkeabrechnumg oder billiges Dosenobst statt Frischem, das musste unbedingt vermieden werden.

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Anlegesteg bei Punta Frances und Kreuzfahrt-Segler vor Anker

Zuerst rief ich bei Neray an, eine halbe Stunde später sassen wir in 'meinem Büro', der Rumbos-Cafeteria im Zentrum Geronas zusammen und ich liess mir berichten. Einige 'Unregelmässigkeiten' hätten ihn den Kopf gekostet erzählte er mir, Neider gibt es überall und er war wohl zu erfolgreich im 'organisieren' gewesen, räumte er geknickt ein. Der Neue, ein junger unerfahrener Möchtegern-Chef, wäre aufgrund von Beziehungen an den Job gekommen, der den Zugang zu Touristen und damit zu Geld gewährt. Meine Besorgnis bezüglich des Kreuzfahrtschiffes teilte er. Ich hatte genug erfahren und setzte mich ans Telefon, kurze Zeit später waren meine Firma sowie die Zentrale von Ecotur in Havanna informiert, dass das Kreuzfahrtschiff nur anlegen würde wenn ich vor Ort anwesend sei und dass die örtliche Agentur alles dafür zu tun hätte den geplanten Ablauf sicherzustellen.

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Landgang mit Zodiacs
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Badevergnügen bei Punta Frances

Der nächste Anruf galt Sandro, dem Neuen, ich informierte ihn kurz über meine Gespräche und bat ihn mir bis zum Abend mitzuteilen, wann und von wem ich am nächsten Tag nach Punta Frances gebracht würde. Der Abend verstrich wie ich es geahnt hatte ohne Rückruf. Am nächsten Morgen stand ich dann im Büro bei Sandro und erklärte ihm, dass ich es nicht gewohnt sei so zu arbeiten und dass unter seinem Vorgänger immer alles bestens funktioniert hätte. Ich wäre nicht bereit mir Ausreden anzuhören und wollte über den Ablauf Bescheid wissen. Kleinlaut gab mir der Neue zur Antwort, dass er es bislang nicht geschaft hätte, einen staatlichen Fahrer für mich zu organisieren, im Wissen um die schlechten Strassenverhältnisse in der Südzone, hatten diese sich geweigert die Tour anzunehmen. Ich könnte doch am Morgen der Ankunft des Schiffes mit dem Boot vom Hotel Colony zur Punta Frances fahren, das wäre eine Möglichkeit. Ich lehnte dankend ab, ich hätte auf diese Weise die Vorbereitungen vor Ort nicht überwachen können. Ersatz musste her, koste es was es wolle. Ich rief wieder bei Neray an und wie schon früher präsentierte er mir die Lösung: Klaus!

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Klaus und sein weisser Atos - hier am seit Jahren verlassenen Flugplatz beim Hotel El Colony

Klaus ist ein sächsisches Unikum und hat mittlerweilen den Aufstieg zu einer kleinen Berühmtheit geschafft, er wird in zahlreichen Reiseführern und im Internet erwähnt. Sogar im letzten Merianheft, das unter anderem über die Insel der Jugend berichter ist er präsent! Klaus, dessen sächsischer Akzent auch nach 30 Jahren in der Ferne immer noch sein Markenzeichen ist, hat es kurz vor der Wende hierher verschlagen, wie bei vielen war es eine Liebesgeschichte die nicht so ganz glücklich verlief. Er blieb trotzdem auf Kuba und hat es nach eigenen Aussagen nie bereut! Heute lebt er mit Frau und Sohn in Nueva Gerona und betreibt mit seinem kleinen weissen Hyundai Atos ein privates Taxigeschäft, das trotz weniger Touristen hier relativ gut läuft. Klaus hat seine deutschen Tugenden, speziell die Pünktlichkeit, nie abgelegt und das rechnen ihm die vielen Stammkunden, zu denen ich mich mittlerweilen auch zähle, hoch an, gerade hier auf Kuba, gerade hier auf der Isla Juventud! Faszinierend zudem, obwohl jahrelang auf der Insel unterwegs waren wir uns noch nie über den Weg gelaufen, und das an einem Ort wo jeder jeden kennt!

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Klaus im alten Flughafen

Klaus wurde zu meiner Rettung, und ich in gewisser Weise zu seiner. Er hatte schon lange Zeit versucht mit Kunden ofiziell in die genehmigungspflichtige Südzone zu kommen, die Regularien liessen dies jedoch nicht zu, nur staatlichen Taxis oder Touristen mit Mietwägen und in Begleitung eines staatlichen Reiseleiters war dies zum damaligen Zeitpunkt erlaubt! Mit mir an der Seite änderte sich dies nun, aufgrund fehlender Alternativen schufen die Behörden den Präzedenzfall und ich hatte auf der langen Fahrt gen Süden ab sofort und auch bei allen weiteren Reisen auf der Isla Juventud in den darauffolgenden Jahren einen deutschsprachigen Begleiter und Freund gewonnen. Aus den Lautsprechern des kleinen weissen Atos hörte ich vertraute heimische Klänge, "... ein knallrotes Gummiboot ..."


Nachtrag:
Vor etwas mehr als einem Jahr ist ein Guter Freund von uns gegangen. Klaus war ein sächsisches Unikum und hatte sogar den Aufstieg zu einer kleinen Berühmtheit geschafft. Er wurde in zahlreichen Reiseführern und im Internet erwähnt. Sogar im letzten Merianheft, das unter anderem über die Insel der Jugend berichtet war er präsent! Klaus, dessen sächsischer Akzent auch nach 30 Jahren in der Ferne immer noch sein Markenzeichen war, hatte es kurz vor der Wende hierher verschlagen. Wie bei vielen war es eine Liebesgeschichte die nicht so ganz glücklich verlief. Er blieb trotzdem auf Kuba und hat es nach eigenen Aussagen auch nie bereut! Er lebte mit Frau und Sohn in Nueva Gerona und betrieb seit 2011 mit seinem kleinen weißen Hyundai Atos ein privates Taxigeschäft, das trotz weniger Touristen relativ gut lief. Klaus hatte seine deutschen Tugenden, speziell die Pünktlichkeit, nie abgelegt und das rechneten ihm die vielen Stammkunden, zu denen ich mich auch zählte, hoch an. Gerade auf Kuba, gerade auf der Isla Juventud! Ich werde nie unsere Fahrten in die Südzone der Insel vergessen, begleitet von deutscher Schlagermusik a la "Ein knallrotes Gummiboot" ...
 
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Wandmalereien? Sind die wirklich echt und noch so gut erhalten? Und das gleiche Motiv dann auf dem Bild aus Punta Francas als Fussbodenmosaik?
Ist ja interessant.

Und danke für den netten Beitrag über Klaus. Lass es mich mal so ausdrücken: der Sachse ist imstande ALLES zu lernen - ausser Hochdeutsch - grins ;)
Schade, das es ihn nicht mehr gibt. Aber ich bin mir sicher, er hat sein Leben gelebt, wie er es wollte und war garantiert zufriedener als viele seiner wesentlich reicheren Touristen. Möge er in Frieden ruhen, dort, wo er in Frieden leben konnte.
 
Ach man, verflixt, es gibt doch immer eine Ausnahme für alles.
Und geschrieben habe ich das natürlich nur, weil ich das darf - bin doch och ä Sachse..... grins grins grins....

Also: ich ziehe meinen Hut vor dem einzigen Sachsen, der auch Hochdeutsch spricht. Du wirst hiermit offiziell unter Denkmalschutz gestellt, - geht klar.
 
Gerade habe ich mir nochmal das vergrösserte Bild von der Calle Marti angeschaut, daß mit den schönen Mosaikböden.
Das muss man sich wirklich länger betrachten, um diese geniale Konstruktion zu sehen - einfach wahnsinnig toll verschlungen in Farbe und Form.
Was ist das, Chris, Beton? Und wie halten die das, wenn dort Stürme drüber gehen?

Und die eine Linie ist irgendwie "ausser Muster" - ob das ein gewollter Fehler ist? Der "Nachbau" als Strassenmuster scheint ähnlich zu sein, aber nicht genau so exakt übernommen. Irgendwie komisch, aber nichtsdestotrotz sehr interessant.
 
Gerade habe ich mir nochmal das vergrösserte Bild von der Calle Marti angeschaut, daß mit den schönen Mosaikböden.
Das muss man sich wirklich länger betrachten, um diese geniale Konstruktion zu sehen - einfach wahnsinnig toll verschlungen in Farbe und Form.
Was ist das, Chris, Beton? Und wie halten die das, wenn dort Stürme drüber gehen?
Pflastersteine aus verschiedenen Materialien. Wie du vielleicht weißt gibt es auf der Insel Marmorbrüche, da kommen die farbigen her.

Und die eine Linie ist irgendwie "ausser Muster" - ob das ein gewollter Fehler ist? Der "Nachbau" als Strassenmuster scheint ähnlich zu sein, aber nicht genau so exakt übernommen. Irgendwie komisch, aber nichtsdestotrotz sehr interessant.
Nein "Fehler" wurden keine eingebaut, folgt alles eunem Künstlerentwurf angelehnt an die Höhlenmalereien von Punta del Este.1104b565b.0.jpg
Weiteres Bild vom "Boulevard" in Nueva Gerona
 
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