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Cuba und China ...

Chris

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Ort
Habana Vieja, Ciudad De La Habana, Cuba, Cuba
Wer trotz Urlaub früh aufsteht kann Sie gelegentlich beobachten in Havanna: kleinere Grüppchen vornehmlich älterer Kubaner, die meist weiss gewandet in Parks und auf kleineren Plätzen ihrem Frühsport nachgehen, genauer gesagt Tai Chi ausüben. Diese chinesische Form Körper und Seele ins Gleichgewicht zu bringen ist bei Havanmas älterer Generation ungefähr so angesagt wie der Reggaeton bei Jugendlichen

Wer sich genauer informiert stellt fest, dass die Annäherung an das Reich der Mitte nicht beim Tai Chi aufhört. Wie in vielen anderen Ländern hat es auch in Kuba in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Welle an chinesischen Einwanderern gegeben, die nach dem Verbot der Sklaverei ins Land geholt wurden, um die niederen Tätigkeiten auszuüben, die vorher von den afrikanischen Sklaven verrichtet wurden.

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Eingangstor zum Barrio Chino

Das chinesische Viertel Havannas, auch 'Barrio Chino' genannt fängt gleich hinter dem Capitol an, unschwer an dem grossen chinesischen Eingangstor zu erkennen, das in den 70er Jahren von der chinesischen Regierung gesponsert wurde. Von hier erstreckt sich zwischen den Strassen Salud und Zanja, bis hin zur Calle Belascoain das 'kubanische Reich der Mitte', Strassennamen wie die typisch chinesische Calle Dragones sind in spanisch und chinesisch ausgewiesen.

Anders als in anderen Grossstädten dieser Welt kann das Chinesenviertel in der Karibikmetropole allerdings nicht mehr mit vielen Chinesen aufwarten, die meist in privaten Kaufmannsberufen tätigen Asiaten hatten nach der Revolution Fidel Castros schlechte Karten, private Geschäfte waren verpönt und so sind nach knapp 60 Jahren Tropensozialismus nurmehr einige wenige Alte übriggeblieben, die erst in den letzten Jahren kulturell und wirtschaftlich durch die Lockerungen Raul Castros im privatwirtschaftlichen Sektor auch im Barrio Chino wieder frischen Wind spüren lassen. Eines der Vorzeigeprojekte ist das sogenannte 'Cuchillo', eine kleine Gasse, schön in chinesischem Stil herausgeputzt und llldurch chinesische Restaurants flankiert.

Apropos chinesische Küche, wer hofft hier gute chinesische Küche wie z.B. in Europa vorzufinden wird oft enttäuscht. Pizzen und andere cubanisch-italienische Gerichte geben zumeist den Ton an, hin und wieder ein Chop Suey oder eine chinesische Suppe sorgen zumindest für ein bisschen asiatisches Ambiente auf der Speisekarte. Empfehlenswert sind zwei Restaurants in der Calle Salud, das 'Flor de Loto' und das 'Mimosa'. Sie sind gerade abends stark frequentiert und die kubanische 'Kola' (Warteschlange) vor dem Eingang mangels nicht möglicher Vorreservierung ist garantiert und im moderaten Essens-Preis enthalten.

Wer an der Historie der chinesischen Einwanderung und den kulturellen Hintergründen interessiert ist wird im 'Haus der chinesischen Kunst und Tradition' fündig. Es liegt genau zwischen den Restaurants 'Flor de Loto' und 'Mimosa' und vermittelt einen Überblick zur chinesischen Kultur und Geschichte und auch zu den kulturellem Aktivitäten der chinesischen Gemeinde Havannas. Auf Wunsch werden auch Führungen durch das Barrio Chino angeboten, einfach an der Rezeption nachfragen!

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Kleiner Tempel im Casino Chung Wah

Zu guter Letzt stolpere ich auf dem Nachhauseweg in einer Nebenstrasse hinter dem Capitol noch über ein Schild mit Aufschrift 'Casino' und frage mich ob das Glücksspiel bei den Chinesen Havannas vielleicht den Zugriff und die Verbannung durch die Revolution überlebt hat? Weit gefehlt! Eine freundliche ältere Dame mit asiatischen Gesichtszügen bittet mich hereinzukommen und klärt mich auf. Havannas chinesische Casinos sind nur dem Namen nach mit den Casinos aus Las Vegas oder Monte Carlo verwandt. Es handelt sich um Hilfsorganisationen, die mit der Eimwanderumg eingeführt wurden, um den chinesischen immigranten Hilfestellung bei allen lebenswichtigen Aktivitäten in der neuen Heimat zu leisten. Zumeist wurden in den chinesischen Casinos auch chinesische Heilkunst oder spiritueller Beistand in Form von chinesischen Altären oder Gebetsräumen gewährt. Das Casino Chung Wah hinter dem Capitol ist das wichtigste der heute noch existierenden und wenn chinesische Delegationen auf Kuba politische Gespräche führen ist zumeist auch ein Besuch dieses Casinos im Programm enthalten. Aber auch neugierige Touristen werden gerne empfangen und über die Geschichte des Hauses informiert.

Zuhause angekommen steht das Mittagessen auf dem Tisch, passend für heute 'Arroz Amarillo' (gelber Reis), aber das ist ein anderes Thema ....
 
Auch gegenüber des Teatro Roldan in Vedado / Calzada (leider Baustelle) im Park ist alle 2 Tage am Morgen Tai Chi angesagt. Unsere Wirtin (CP), eine nicht mehr praktizierende Ärztin, ist da immer anzutreffen.

Ansonsten ist China meines Erachtens eher als ambivalent zu betrachten. Einerseits als Unterstürzer und einer der wenigen Ignorierer der US-amerikanischen Blockadebestimmungen. Andererseits natürlich auch als jemand, der zu viel wirtschaftlichen Einfluss gewinnen möchte (um das hier als durchaus komplexes Thema mal in Kurzform zu erwähnen).

Gelber Reis hat mit diesen Themen, wie auch angedeuted, eher weniger zu run ;)
 
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